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Einblick |
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Tristan und Isolde |
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Tristan und Isolde Von der Sage über Gottfried von Straßburg zu Richard Wagner, sowie die Relation von Tristan und Isolde zu Parsifal. In der vorigen CN-Internetz-Ausgabe haben wir Richard Wagners Parsifal behandelt und dabei den Gedanken geäußert, daß zwischen Parsifal und Tristan und Isolde eine ganz spezielle Beziehung bestehen könnte. Diesen Gedanken wollen wir ein wenig vertiefen, zumal dabei eine Verbindung zum „inneren Gral“ erkennbar wird, dies also ein Thema berührt, das uns zurzeit bewegt. Zunächst ist jetzt von der dramatischen Liebesgeschichte „Tristan und Isolde“ zu sprechen, welche Gottfried von Straßburg im frühen XIII. Jhd. schrieb. Neben dieser deutschen Fassung aus dem XIII. Jahrhundert gibt es aus derselben Zeit zwei französische, eine von Chréties de Troyes und eine von Béroul, sowie eine angelsächsische des Thomas von England. Die Dichtung des Gottfried von Straßburg ist jedoch die bekannteste, sie steht auch auf dem höchsten literarischen Niveau. Richard Wagner beachtete alle Quellen des Stoffs Tristan und Isolde. Bei unserer jetzigen Betrachtung wird sich zeigen, daß es zu flach gedacht wäre, nur Wagners Neigung zur germanisch-keltischen Mythenwelt als Grund für das Entstehen des Werks zu sehen. Dieser Gesichtspunkt dürfte für Wagner hier nebensächlich gewesen sein, auch wenn der germanisch-keltische Hintergrund ihn gereizt haben mag. Die Geschichte an sich – diese große, wundervolle Liebesgeschichte – ist an sich ein äußerst ansprechender Stoff. Wenn man an Richard Wagner denkt, muß immer auch bedacht werden, daß er nicht bloß die Musik zu seinen Werken schuf, sondern auch die Textbücher. Für ihn war jedes Werk, an das er heranging, also Musikwerk und Dichtung zugleich. Dies versetzte ihn in die Möglichkeit, seine eigenen Gedanken in die Handlung einfließen zu lassen. Wagner teilt uns daher stets auch durch das Libretto etwas mit. Er ist nicht bloß als Komponist und Musiker zu verstehen, sondern auch als Dichter und Philosoph. Daher läßt sich Richard Wagners Schaffen mit keinem anderen vergleichen. Im
Laufe dieses Jahres werden wir uns mit allen Werken Wagners noch näher
beschäftigen.
Von der musikalischen sowie musikgeschichtlichen Bedeutung von Tristan haben wir schon an früherer Stelle gesprochen, in Zusammenhang mit Richard Strauss’ Sinfonischer Dichtung „Tod und Verklärung“ und Franz Liszts H-Moll-Sonate. Namentlich hat der „Tristan-Akkord“ in der Musik viel bewegt – wie Wagner überhaupt immensen Einfluß auf die Musik ausgeübt hat. Sein Prinzip der Leitmotive wurde berühmt.
Das Verhältnis von Tristan und Parsifal ist aber in erster Linie ein philosophisches und auch spirituelles Thema. In musikalischer Hinsicht hat Wagner bei Parsifal quasi einen Schritt hinter Tristan zurück vollzogen. Der spirituelle, wohl sogar religiöse Charakter von Parsifal ließ Wagner nach einer möglichst klassischen Ausformung suchen. Bei der Instrumentierung hat er sich in einigen Punkten vermutlich von Anton Bruckner inspirieren lassen, dessen Beziehung zum Religiösen bekannt ist. Richard Wagner hatte sich bis Parsifal ja nie mit Motiven befaßt, bei denen der christliche Aspekt im Vordergrund stand. Vor Parsifal entstand „Tristan und Isolde“. Von der Thematik her ein Werk ganz von anderer Art. Die Geistesverwandtschaft zwischen diesen beiden Werken besteht im Erlösungsgedanken – bei Parsifal in einem geistlichen Milieu, bei Tristan und Isolde in einem weltlichen. Beim einen ist die jenseitsbezogene Gottbeziehung das Thema, beim anderen ist es die irdische Liebe zwischen Mann und Frau – schließlich aber auch dort mit einem Jenseitsbezug, welcher durch Isoldes Liebestod deutlich wird sowie im Ausklang, der musikalisch die Wiedervereinigung der beiden Liebenden im Jenseits beschreibt. In
der mittelalterlichen Vorlagedichtung des Gottfried von Straßburg können
manche Dinge, die Wagner durch Musik ausdrückte, nur erahnt werden. Die
tragische Liebesgeschichte von Tristan und Isolde fußt auf einer alten
Sage. Gottfried von Straßburg gab dieser eine hochwertige literarische
Form.
Die Geschichte handelt in früher Zeit. Sie stammt eben aus der germanisch-keltischen Sagenwelt, könnte jedoch einen historischen Kern haben. Darauf bestehen zumindest vage Hinweise bereits aus dem VI. Jahrhundert.
Zur Vorgeschichte: Der
Held Tristan ist ein Sohn des Königs Riwalon, Er stammt aus der Bretagne
und ist ein Neffe sowie Vasall des König Marke von Cornwall. Tristan hat
Morold, den Verlobten der irischen Königstochter Isolde, im Kampf
getötet.Tristan selbst wurde in diesem Kampf durch ein von Isolde
vergiftetes Schwert verwundet. Unter dem Namen Tantris reiste er nach
Irland, um sich von ihr gesund pflegen zu lassen. 1.
Aufzug: 2.
Aufzug: 3.
Aufzug: Isolde ist nun bei Tristan – sie folgt dem Geliebten in eine andere Welt.
Einen von ferne ähnlichen Ton-Eindruck, wie in Isoldes Liebestod, hat Wagner zuvor bei Wotans Abschied in der „Walküre“ geschaffen. Aber selbst dies läßt sich nicht mit Isoldes Liebetod vergleichen – weil dieses Werk eben unvergleichlich ist! Wahrscheinlich
ist Tristan und Isolde auch schwierig zu dirigieren. Besonders bei „Isoldes
Liebestod“, wo es auf Feinheiten ankommt, sind die Unterschiede groß.
Gesanglich gilt Tristan als die schwierigste Partie. Das Werk dauert volle vier Stunden, und es stellt höchste Anforderungen. Es kam schon vor, daß es in ein und derselben Vorstellung zwei Sänger für den Tristan gab, um einander abwechseln zu können. „Tristan und Isolde“ stellt in jeder Hinsicht die höchsten Ansprüche.
Die Suggestivkraft von Wagners „Tristan und Isolde“ ist ungeheuerlich. Schon das Vorspiel zum ersten Aufzug ergreift die Zuhörerschaft und läßt nicht wieder los. An der Universität von San Francisco wurde das Spielen von Tristan und Isolde einmal zeitweilig untersagt, weil der gesamte Universitätsbetrieb lahm lag, da alles nur noch immerzu „Tristan und Isolde“ anhörte. Über das Musikalische hinaus ist das ganz Spezielle an diesem Werk – inhaltlich – der vom Diesseits aus gesehene Jenseitsbezug. Für die Liebe von Tristan und Isolde gibt es kein Ende, auch nicht durch das Sterben. Diese Botschaft Wagners richtet sich an alle Menschen. Tristan und Isolde stehen dabei gewissermaßen beispielhaft für alle Menschen. Wagner, der sich zeitweilig auch mit dem Gedanken an Reinkarnation befaßt hat.
In beiden Werken geht es um das Verhältnis des Menschen zu ewigen Werten, und auch im direkten Sinne zur Ewigkeit. Parsifal handelt vom Verhältnis Mensch zu Gott; Tristan und Isolde vom Verhältnis Mann zu Frau – und zwar im Angesicht der Ewigkeit. Vielleicht ist es das, was Tristan und Isolde so ganz besonders auszeichnet, was Richard Wagner auch die ganz besonderen Inspirationen gab: „Tristan und Isolde“ ist die Perspektive des Menschen – wenn auch über das allein Irdische hinaus. Jeder empfindensfähige Mensch versteht unwillkürlich, um was es hier geht. „Parsifal“ dagegen ist die Perspektive des Göttlichen. Dazu hat nicht jeder sogleich den inneren Zugang.
Parsifal
bewirkt durch seine Anstrengungen, daß in der Burg Monsalvat der Gral
wieder leuchtet. Die Aufgabe und das Ziel Parsifals sind nicht weltlich.
Das Ziel aber, für das Parsifal sich müht, gilt auch der Welt. Die
Gralsritter haben keine weltlichen Interessen für sich selbst, aber sie
setzen sich für die Welt ein (siehe Lohengrin). Der Gral ist für diese
Ritterschaft ein Kraftspeicher, Dank dessen sie Außergewöhnliche Taten
vollbringen können. Ein Kelch, der Kräfte vergibt, ist auch jenes Gefäß, in dem Brangäne den Liebestrank reicht. Optisch können wir uns diesen Gefäß Gral durchaus ähnlich vorstellen. Der Unterschied ist, will man die Symbolhaftigkeiten sehen: Der Gral beinhaltet die Liebenskraft Christi, aus ihm wird die Liebe Gottes den Menschen gereicht, der Kelch der Brangäne indes bietet die Kraft der Liebe von Mann und Frau untereinander.
Wenn wir für einen Augenblick die Entstehungszeit von „Tristan und Isolde“ beachten, so fällt uns auf, daß Wagner die Arbeit an diesem Werk in Schweizer Exil begann, wo er für eine Weile bei seinem Freud und Gönner Otto Wesendonck lebte. Wagner verliebte sich jedoch in dessen Frau, die Dichterin Mathilde Wesendonck. Nach Gedichten von ihr komponierte Wagner die „Wesendonck-Lieder“. Er befand sich aber in einem Konflikt, denn es war die Gattin seines befreundeten Gönners, die er nun begehrte. Richard Wagner verließ daher sein Schweizer Asyl. Seine Empfindenswelt mag der Tristans aber nicht allzu fern gewesen sein. So fern der Gral bei „Tristan und Isolde“ anscheinend auch ist, so gibt es doch einen Kelch, dessen Inhalt das Geschehen beflügelt. Der Liebestrank aus dem Kelch der Brangäne ist für den einzelnen Menschen in seiner weltlichen Persönlichkeit, was der Heilige Geist aus dem Gefäß Gral auf übergeordnete Weise für alle darstellt: Ein Ursprung besonderer Kräfte – gebend und bewahrend zugleich.
Jedem
Menschen, der sich mit alledem ein wenig näher befaßt, wird klar werden,
daß dabei
ganz persönliche Momente in ihm berührt werden. Seien diese auch nur mehr oder
weniger bedeutend – so sind sie doch da. |
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