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Traditionsfragen

       
     
       
     

Traditionsfragen

       
     
       
     

Traditionsfragen

Tradition ist seit jeher und in allen Bereichen eine Angelegenheit mit ganz unterschiedlichen Aspekten. Ein Dasein ohne Traditionsbewußtsein wäre ebensowenig wünschenswert wie ein von lauter Traditionen bestimmtes Leben. Besonders in einer Zeit, in der alle Endwicklungen sich schnell bewegen, kann zuviel an Tradition zum Hemmschuh werden. Traditionen, welche in längst nicht mehr den Erfordernissen der Gegenwart entsprechenden Quasi-Ritualen und Formalismen erstarrt sind, haben nichts mit notwendigem Geschichtsbewußtsein zu tun. Geschichtsbewußtsein und formale Traditionen sind ja nicht ein und dasselbe, sie haben nicht einmal viel miteinander zu schaffen. Wer etwas bewirken will, muß sich der bestmöglichen, der fortschrittlichsten Mittel seiner Zeit bedienen. Anderenfalls würde er sich in einen musealen Zustand begeben, und für Zukünftiges wirkungslos sein. So, wie Traditionsvereine in der Rückschau auf Vergangenes leben, an das die Erinnerung zu bewahren von Wert sein mag, daß aber nichts voranbringen könnte.

 

 

Ein in stark von traditionellem Denken bestimmtes Leben, womöglich in einem demgemäß gestalteten Umfeld, hat etwas Beschauliches an sich. Die Anmutung des Traditionellen vermag es, die harte Gegenwart mit all ihren Anforderungen für Kommendes, bis zu einem gewissen Grade auszuschließen. So ergibt sich aus allzu starkem Traditionsbewußtsein leicht eine Flucht in eine irreale Idylle. Das Vergangene wird bestimmend, der Blick in das Kommende wird überdeckt, die Bezugnahme auf Vergangenes deckt sich über das Zukünftige wie ein Tuch, durch welches objektive Erfordernisse aus dem Bewußtsein verdrängt werden. Das Leben im Traditionellen wird zum Selbstzweck, ja, vielleicht sogar zum Fluchtpunkt vor der Wirklichkeit. Was so getan wird, fällt unter den Begriff, „L’art pour l’art", es kann keinen Anspruch auf voranführende Wirksamkeit erheben, es ist: „Hobby". Dagegen ist im Grunde nichts einzuwenden, bloß muß man sich dessen bewußt sein, um sein eigenes Tun richtig in die größeren Zusammenhänge einordnen zu können.

Darum ging es vor nunmehr rund einem Dutzend Jahren dem N.O.V.-Kreis: Dort war der „Blick nach vorn" das erklärte Konzept, und es entstand der Sager: „Neue Zeit, neuer Geist, neue Tat!". Den meisten hier wird dies bekannt sein, und einige von Ihnen erinnern sich vielleicht auch noch an jene Zeit um die Jahrtausendwende.

 

 

Es war der Versuch eines Aufbruchs zu neuen Ufern – symbolisch gesagt. In einem verhältnismäßig kleinen Kreis war der Widerhall außerordentlich gut. Namentlich im Umfeld von Margit und Yvonne. Für eine relativ kurze Zeit wirkte die Aufbruchstimmung ungemein stark. Auf mache wirkte sie geradezu mitreißend. Aber es blieben auch die Gegenstandpunkte. Solche gab es nicht allein auf der christlichen Seite, sondern praktisch überall dort, wo Traditionelles bekannter Art als besonders wichtig galt. Bald zeigte sich, daß der Geist des Neuen sich mit dem traditionell Bestimmten nicht auf einen gemeinsamen Nenner bringen ließ.

 

 

In einigen Punkten ließen sich zumindest noch verschiedene Übereinstimmungen erzielen – wie etwa darin, einer modernen Anmutung den Vorzug vor traditioneller zu geben, wenigstens da und dort. Etwa in Mailand und Paris fanden die neuen Auffassungen mehr Zustimmung als anderer Orten, auch in denselben Ländern. Das hatte also nichts mit regionalen oder gar nationalen Mentalitätsunterschieden zu tun, keineswegs, sondern es lag wohl an den jeweiligen Führungspersönlichkeiten. Deshalb dominierte in Mailand die eine und in Turin die andere Auffassung; ähnlich der Unterschied zwischen Dijon und Paris.

 

 

Es blieben vor allem Paris und Mailand, wo die neue Geisteshaltung etwas zu bewirken vermochte. Auch einige Deutsche, die sich dazu bekannten, schlossen sich den Gruppen in Frankreich und Italien an.

Wenn die neuzeitliche Causa Nostra eine Tradition hat, so besteht diese darin, sich auf keine bestimmte Tradition festzulegen, sondern im Gedanken des „panta rhei" zu leben und tätig zu sein. Was als altmodisch empfunden werden kann, paßt da nicht ins Bild; die neue Causa Nostra soll fortschrittlich sein, mit den besten Mitteln ausgerüstet.

 

 

So war es dann konsequent, seinerzeit den N.O.V. zu gründen, weil das Konzept des immer Neuen vielen zu unromantisch war. Die Vorstellung, Bewegungen aus alter Zeit wieder zu beleben, hatte eben doch die größte Anhängerschaft – genau das also, was die CN-Gründerinnen unproduktiv fanden. Und da kamen dann wieder Traditionen ins Spiel – Traditionen aus der Ära des Buchintoro-Ordens, sowie aus der Zeit der Templer, bis hin zu gnostischen Traditionen.

Starke Bezugnahme auf Traditionen, welche sich auf das Lebensgefühl auswirkten, war nicht im Sinne der CN-Erfinderinnen, für die Modernität und Durchätzungskraft, die in der gegenwärtigen Zeit besonders wichtig erschien.

Die Meinungsverschiedenheiten, die in der Phase des N.O.V. deutlich wurden, sind noch manchen in Erinnerung, wie etwa die Kurzhaarfrisuren-Regel bei den Damen, welche im engen N.O.V.-Kreis aus Überzeugung eingehalten wurde, was bei den Anhängerinnen dieser Geisteshaltung auch heute noch gilt, die außerhalb dieses engsten Kreise aber umstritten blieb.

 

 

Da standen sich gewissermaßen die Typen Julietta da Montefeltro einerseits und Livia Loredan oder Barbara Campanini andererseits gegenüber, was gleichsam für das Alte und das Neue stand. Das war und ist zweifellos einer der markantesten Punkte der verschiedenen Auffassungen, wobei der quasi neue Typ eben nicht allein magisch begründet wurde, sondern auch als Ausdruck des Neuen Geistes an sich galt. An diesem Punkt des neuen Geistes schieden sich aber auch oft die Geister, sozusagen.

 

 

Längst hatten sich de facto Untergruppierungen gebildet, welche zur ursprünglichen CN-Konzeption (die ja im Grunde schon immer weitgehend der des N.O.V. entsprach), nur noch prinzipiell paßten. Es ergab sich, was in ähnlicher Art schon aus früheren Jahren bekannt war.

 

 

Auch die Baphometische Gesellschaft, die auf ihre Art sehr rege ist, hat gewissermaßen einen eigenen Boden, auf welchem sie steht. Der Tradition wird dort ein hoher Stellenwert eingeräumt. Wie schon die ebenfalls auf Templer-Boden stehende Gesellschaft des Schwarzen Steins, legt auch die Baphometische Gesellschaft mit ihrem Hauptsitz in Wien großen Wert auf die Aspekte der Tradition.

 

 

Die speziellen Gruppierungen des CN-Kreises, wie sie sich mittlerweile herausgebildet haben, sind also in vielerlei Hinsicht unabhängig vom ursprünglichen Konzept der Causa Nostra, und doch gehört dies alles zusammen. So gesehen gehören all jene Komponenten mit ihren Traditionsmerkmalen doch zum Bild des großen Ganzen. Will man auch den Arbeitskreis Z-Plan noch als eine Gruppierung im Rahmen der Causa Nostra werten, so sind von dieser Seite aus auch noch Elemente von Traditionen der Deutschen Wehrmacht und der Abwehr etc. einzubeziehen.

Die Bandbreite der CN-Tradition ist also recht groß.

 

 

Trotz alledem ist es wohl nötig zu unterscheiden, was die Causa Nostra unmittelbar ist, und was sich aus ihrem Umfeld ergeben hat. Die Ur-Causa-Nostra wird zweifellos durch jene Philosophie am klarsten dargestellt, welche im N.O.V. am deutlichsten zum Ausdruck kam. Dieser kann als die Elite innerhalb der Elite verstanden werden. Die CN, wie sie hier im Internetz in Erscheinung tritt, will aber der gesamten Bandbreite gerecht werden. Diese ist insofern keiner anderen Tradition verpflichtet als jeder der Offenheit gegenüber allem, was zum großen und Ganzen des Gefüges gehört.

       
               
               
     

       
               
               
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