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Shell sei Dank !

       
     
       
     

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Auch wenn so manches fehlt

Seit Jahr und Tag wird der Eindruck vermittelt, die Jugend in Deutschland entspreche weitgehend dem von der herrschenden kommerzialistischen Ideologie erwünschten Bild. Das stimmt nicht, soviel ist klar. Doch zu objektiven Erkenntnissen zu gelangen ist schwierig. Dem stehen die ideologisch gleichgeschalteten Massenmedien entgegen. Was an „Demoskopie" verbreitet wird, ist meist schon vom Ansatz her tendenziös. Fragen werden da oft dergestalt formuliert, daß die erwünschte Antwort gleich mit suggeriert wird. Das klappt nicht immer, doch es ist mit Sicherheit davon auszugehen, dass demoskopische Umfragen nie die Wirklichkeit wiedergeben. Dagegen verhält es sich bei Marktforschung anders, denn diese möchte möglichst objektive Resultate erreichen. Ausgangspunkt wie Ziel von Marktforschung unterscheiden sich vom Vorgehen der Demoskopie ganz erheblich.

Schon seit 1953 stellt die Deutsche Shell ihre Marktforschungsmöglichkeiten auch in den Dienst national wichtiger Erkenntnisgewinnung. Dies ist auch aktuell bei der 16. Shell-Jugendstudie der Fall. Sie basiert auf mehreren Studien, die Shell bei unabhängigen Forschungsinstituten in Auftrag gab. Das Ziel besteht darin, die wirklichen Sichtweisen, Stimmungen und Erwartungen von Jugendlichen zu ergründen und zu dokumentieren. Dabei präsentiert die Shell-Jugendstudie nicht allein eine aktuelle Sicht auf die Jugendgeneration, sondern gibt gleichsam konkrete gesellschaftspolitische Denk- und Diskussionsanstöße. Als Langzeitberichterstattung bietet sie eine solide Grundlage für gesellschaftliches und politisches Weiterdenken und Handeln, auch wenn nicht alle Bereiche beinhaltet sein können. Einem Wirtschaftsunternehmen wie Shell ist es um das Erkennen der Realität zu tun, weitgehend frei von ideologisch geprägten Hintergedanken.

Die aus mehreren Untersuchungen erarbeitete Jugendstudie der Deutschen Shell ist in ihrer Gesamtheit sicher derart umfangreich, dass nur essentielle Teile zu Themenschwerpunkten veröffentlicht werden können. Das ist im Lichte allgemeiner Verwendung auch sinnvoll, auch wenn dadurch viele Einzelheiten im Hintergrund bleiben. Verständlich ist auch, dass das Unternehmen eine möglichst große Verbreitung anstrebt, die Studie darum also medienkonform präsentiert. Das ist ja nicht zuletzt PR! Manche Ecken und Kanten, die es objektiv geben mag, bleiben ggf. unsichtbar. Ganz klar, daß da alles vermieden wird, was bei den großen Massenmedien, deren positive Resonanz ja angestrebt wird, Antipathie auslösen könnte. Zur Ergänzung des Gesamtbilds würde es nützlich sein, weitere Erkenntnisse aus anderen Quellen einzubeziehen. Schauen wir uns aber die Kerninhalte der Shell-Jugendstudie an. Die wohl wichtigsten Resultate, welche die Studie erst als letzten Punkt nennt, setzen wir an die erste Stelle.

Abermals ist die Bedeutung der Familie für Jugendliche merklich angestiegen. Mehr als drei Viertel aller Jugendlichen (76 Prozent) finden Familie wichtig, sie stellen auch für sich fest, dass man eine Familie braucht, um wirklich glücklich leben zu können. Das bezieht sich sowohl auf die Gründung einer zukünftigen eigenen Familie, wie auch auf die Herkunftsfamilie. Eine Familie bietet gerade in Zeiten gestiegener Anforderungen in Schule, Ausbildung und den ersten Berufsjahren Rückhalt und emotionale Unterstützung. Das wissen die jungen Menschen zu schätzen. Mehr als 90 Prozent der Jugendlichen haben ein gutes Verhältnis zu ihren Eltern. Auch mit deren Erziehungsmethoden sind die meisten einverstanden. Fast drei Viertel aller Jugendlichen möchten ihre eigenen Kinder ebenso erziehen, wie sie selber erzogen worden sind. Fast drei Viertel aller Jugendlichen wohnen noch bei ihren Eltern, und das sicherlich nicht nur weil es kostengünstig und bequem ist.

Wieder zugenommen hat auch der Wunsch nach eigenen Kindern. 69 Prozent der Jugendlichen wünschen sich Nachwuchs (gemessen am natürlichen Empfinden jedes geistig gesunden Menschen immer noch schwach, für bundesdeutsche Verhältnisse aber doch merklich verbesserte Werte). Erneut äußern junge Frauen (73 Prozent) häufiger den Wunsch nach eigenen Kindern als junge Männer (65 Prozent). Die Frage nach dem Sinn des Lebens bleibt denn auch weithin offen.

Die Werte und Lebenseinstellungen der deutschen Jugendlichen sind im wesentlichen pragmatisch: Angestrebt wird der persönliche Erfolg in einer Leistungs- und Konsumgesellschaft. Dieser wird als äußerst wichtig eingestuft. Leistung wird demgemäß positiv gesehen. Fleiß und Ehrgeiz stehen bei gut für 60 Prozent der Jugendlichen sehr hoch im Kurs. Der Spaß soll aber auch nicht zu kurz kommen: 57 Prozent wollen ihr Leben intensiv genießen. Die meisten sind optimistisch und mit ihrer Lebenssituation zufrieden. Es geht ihnen jedoch nicht nur ums persönliche, materielle Vorankommen, sondern auch darum, ihr soziales Umfeld aus Familie, Freunden und Bekannten zu pflegen. Viele interessieren sich überdies dafür, was im allgemeinen in der Gesellschaft vor sich geht. Die Mehrheit der jungen Leute fordert gerade heutzutage sozialmoralische Regeln, die für alle verbindlich sind und an die sich jeder hält. Eine funktionierende gesellschaftliche Moral ist für sie auch eine Voraussetzung dafür, ihr Leben eigenverantwortlich und unabhängig gestalten zu können. 70 Prozent finden beispielsweise, man müsse sich gegen Mißstände in der Arbeitswelt zur Wehr setzen.

Seit 2006 hat das optimistische Lebensgefühl bei der Mehrheit der deutschen Jugendlichen stark zugenommen: 59 Prozent blicken ihrer Zukunft zuversichtlich entgegen, 35 Prozent äußern sich unentschieden, und nur 6 Prozent sehen ihre Zukunft düster. Einzig bei Jugendlichen aus sozial benachteiligten Familien zeigt sich ein anderes Bild: Hier ist nur noch ein Drittel (33 Prozent) optimistisch. Diese soziale Kluft wird auch bei der Frage nach der Zufriedenheit im Leben deutlich. Während fast drei Viertel aller Jugendlichen im Allgemeinen zufrieden mit ihrem Leben sind, äußern sich Jugendliche aus sozial schwierigen Verhältnissen nur zu 40 Prozent positiv. Aber sogar hier zeigt sich eine Tendenz zum Besseren.

Auch weiterhin bleibt der Schulabschluß der Schlüssel zum Erfolg. Dessen ist sich das Gros der jungen Leute vollauf bewußt. In Deutschland hängt er so stark wie in keinem anderen Land von der jeweiligen sozialen Herkunft der Jugendlichen ab (was allerdings so offensichtlich erscheint, weil die gutgebildete Schicht in Deutschland sehr groß ist, während in anderen Ländern mehr Gleichheit auf bildungsniedrigerem Niveau besteht). Junge Leute ohne Schulabschluß finden seltener eine qualifizierte Arbeit und haben mehr Mühe bei der Ausbildung. Dementsprechend pessimistisch blicken Jugendliche in die Zukunft, die sich unsicher sind, ob sie ihren Schulabschluß erreichen. Mehr Optimismus zeigt sich mittlerweile bei den Auszubildenden. Sie sind sehr viel hoffnungsvoller als in den vergangenen Jahren. Auch in puncto Zuversicht beim Berufswunsch gibt es eine positive Entwicklung: 71 Prozent der Jugendlichen sind überzeugt, sich ihre beruflichen Wünsche erfüllen zu können. Jedoch verläuft die Entwicklung bei Jugendlichen aus sozial schwierigen Verhältnissen auch hier wieder gegenläufig: Nur 41 Prozent sind sich dort diesbezüglich sicher. Unverändert bleibt, was sich bereits zu Beginn dieses Jahrzehnts gezeigt hat: junge Frauen haben ihre männlichen Altersgenossen bei der Schulbildung überholt.

Das Interesse an Politik ist beim Gros der deutschen Jugend weiterhin relativ gering, obschon es seit 2006 leicht ansteigt. Ein Anstieg ist am deutlichsten bei den mittleren und gehobenen Bildungs- und Einkommensschichten zu erkennen, er läßt sich auch bei sehr jungen Menschen beobachten: Bei den 12- bis 14-Jährigen ist das politische Interesse von 11 Prozent im Jahre 2002 auf mittlerweile 21 Prozent angestiegen; und auch bei den 15- bis 17- Jährigen zeigt sich diesbezüglich mehr Interesse. 2002 waren in dieser Gruppe bloß 20 Prozent politisch interessiert, nun sind es 33 Prozent. Kein Anstieg an Politik ist hingegen bei den Jugendlichen im Alter von 18 bis 25 Jahren zu verzeichnen.

Unverändert ordnet sich die Mehrheit der Jugendlichen als: „ein wenig links von der Mitte" ein, was aber insofern täuschen kann, wie unter „links" in erster Linie persönlicher Freiraum verstanden wird. Der Begriff wird kaum unmittelbar politisch gesehen (dass lt. anderer Untersuchungen mindestens 20 Prozent der deutschen Jugendlichen beiderlei Geschlechts „rechte" Auffassungen vertreten, ist in ähnlichem Sinne zu begreifen). Was hier als politisch definiert wird, hat in der Regel mit keiner Ideologie oder politischen Partei etwas zu schaffen, es dürfte oft bloß unkonkret empfundene sein. Hinsichtlich des Vertrauens in gesellschaftliche Institutionen hat sich wenig geändert: Eine hohe positive Bewertung gibt es für Polizei, Gerichte, Bundeswehr sowie Menschenrechts- und Umweltschutzgruppen. Ganz anders dagegen die sehr niedrige Einschätzung der Bundesregierung sowie sämtlicher Parteien. Auch die Kirchen ernten wenig Wertschätzung, desgleichen Großunternehmen. Kaum verwunderlich, dass in Zeiten der Wirtschafts- und Finanzkrise das Vertrauen in Banken am meisten gelitten hat. So zeigt sich bei den Jugendlichen heutzutage nicht nur Politikverdrossenheit, sondern auch ausgeprägter Mißmut gegenüber der Wirtschaft und ganz besonders der Finanzwelt.

Trotz der allgemeinen Politik- und Parteienverdrossenheit, die fraglos massiv ist, sind viele Jugendliche durchaus bereit, sich an politischer Aktivität zu beteiligen, wo ihnen eine Angelegenheit persönlich wichtig erscheint. So würden sich 77 Prozent an einer Unterschriftenaktion beteiligen, und immerhin 44 Prozent ggf. an Demonstrationen.

Fast gänzlich unberücksichtigt blieben in der Studie heikle Themen wie etwa jene, die namentlich durch Thilo Sarrazin inzwischen aktuell geworden sind. Dergleichen zu berühren, ist sicherlich auch kein Ziel der Studie gewesen. Mittlerweile würden solche Themen aber vermutlich nicht mehr ausgespart werden. Der Shell-Jugendstudie ist hier zugute zu halten, dass die politischen Aspekte nicht ihr Hauptmotiv sind.

Im Vergleich zu den Vorjahren sind mehr Jugendliche sozial engagiert, 39 Prozent setzen sich häufig für soziale oder gesellschaftliche Anliegen ein. Auch hier zeigen sich aber Unterschiede: Je gebildeter und privilegierter die Jugendlichen sind, desto häufiger sind sie im Alltag für einen guten Zweck aktiv. Das wirkt sich auch auf die Aspekte der alternden Gesellschaft in Deutschland aus. Zwar betrachten Jugendliche die Überalterung auch weiterhin als Problem, mehr als die Hälfte empfindet das Verhältnis zwischen Jung und Alt mitunter als angespannt. Dennoch zeigen immer mehr Jugendliche Respekt vor der älteren Generation und haben Verständnis für deren Lebensweise. 47 Prozent der Jugendlichen sind der Meinung, die Verteilung des Wohlstand zwischen Alt und Jung sei gerecht. Nur noch 25 Prozent meinen, die Älteren sollten ihre Ansprüche herabstufen.

Religion ist für die Mehrheit der deutschen Jugendlichen ohne nennenswerte Belang (Gott- und Jenseitssuche spielt sich dafür oft auf den Feldern der Esoterik ab, was sich aber weder auf Kirchen noch in Zuspruch zu Sekten auswirkt). Während Religion für junge Deutsche also zumeist bedeutungslos geworden ist, spielt sie für viele Migranten, besonders aus moslemischen Ländern, eine weiter zunehmende Rolle. Die Einstellungen und Empfindenswelten driften da immer weiter auseinander.

In der Globalisierung meint die Mehrheit der Jugendlichen mehr Positives als Negatives zu erkennen, was allerdings meist ganz persönlich begründet wird. 84 Prozent verbinden „Globalisierung" an erster Stelle mit der Freiheit, in der ganzen Welt reisen, studieren oder arbeiten zu können. Ferner wird „Globalisierung" zunehmend mit weltweiter Verflechtung und wirtschaftlichem Wohlstand in Verbindung gebracht. Im Jahre 2006 - also noch vor der Wirtschafts- und Finanzkrise - haben nur 37 Prozent auch eine negative Verbindung mit dem Begriff Globalisierung hergestellt, 2010 tun dies schon 53 Prozent. Auch die Assoziation von Globalisierung mit Umweltzerstörung tritt heutzutage sehr viel häufiger in Erscheinung als in den vergangenen Jahren.

Das Freizeitverhalten der Jugendlichen unterscheidet sich je nach sozialer Herkunft. Während sich Jugendliche aus gebildeten Elternhäusern verstärkt mit Lesen und kreativen Tätigkeiten befassen und mannigfaltig soziale Kontakte pflegen, sind Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien vornehmlich mit Computer und Fernsehen beschäftigt. Allen gemeinsam ist jedoch eines: Fast alle Jugendlichen (96 Prozent) haben einen Zugang zum Internet (2002 waren es nur 66 Prozent). Nicht bloß die Anzahl der Internetnutzer ist damit gestiegen, sondern auch die Zahl der Stunden, die Jugendliche im Netz verbringen: Im Durchschnitt fast 13 Stunden pro Woche. Bei der Art der Internetnutzung zeigt sich erneut eine soziale Spaltung – insbesondere bei den jungen Männern. Die vier verschiedenen Nutzertypen machen dies deutlich: Die „Gamer", d.h. Verwender von Internet-Spielen, sind vor allem jüngere männliche Jugendliche aus sozial benachteiligten Familien. Diese verbringen ihre Zeit im Netz hauptsächlich mit Computerspielen. Digitale Netzwerker dagegen (25 Prozent) – sind besonders jüngere weibliche Jugendliche, sie nutzen vor allem die sozialen Netzwerke (Facebook, StudiVZ). Anders als für die eben Genannten, ist das Internet für Funktions-Nutzer/innen (17 Prozent) Mittel zum Zweck. Dies betrifft – überwiegend Mädchen und ältere weibliche Jugendliche. Sie gebrauchen das Netz zur Information, für E-Mails und Einkäufe etc. von zu Hause aus. Die Multi-User (34 Prozent) – eher ältere männliche Jugendliche aus den oberen Schichten – nutzen schließlich die gesamte Bandbreite des Netzes mit all seinen Facetten.

Schon längst ist die Nutzung des Internets in allen Generationen verbreitet. Aber vor allem wer junge Menschen erreichen will, muß im Internet zu Hause sein. Die politischen Parteien sind es nicht – ganz gleich, welcher Couleur – und demzufolge erreichen diese das Gros der Jugend nicht. Zwar lassen sich alle Internet-Präsenzen basteln, doch diesen fehlt es an Glaubwürdigkeit. Die jungen Menschen merken sofort, dass sich da Leute des Internets zu bedienen versuchen, die es nicht verstehen. Darin sind alle Parteien gleich schlecht, von ganz Links bis ganz Rechts.

Ein Thema, mit dem Jugendliche heutzutage besonders stark erfaßt werden können, ist das des Klimawandels, 76 Prozent halten ihn für ein großes Problem. Zwei von drei Jugendlichen glauben sogar, dadurch sei die Existenz der Menschheit bedroht. Ob das real ist oder nicht, wird von der Mehrheit kaum hinterfragt.

Eine so groß angelegte Untersuchung wie die Shell-Jugendstudie kann schwerlich in alle Details gehen. Viele Punkte, die interessant wären, müssen daher an dieser Stelle offen bleiben. Das betrifft auch Einzelheiten der nationalen Einstellung bei den jungen Deutschen, oder auch die Bewertung der Vergangenheit. Aus anderen Quellen kann dazu aber gesagt werden, daß das Nationalempfinden zwar viele Nuancen aufweist, aber durchaus einen gesunden Boden hat, besonders soweit es sich auf die Gegenwart sowie auf die Zukunft richtet. Der Blick in die Vergangenheit spielt dagegen kaum eine Rolle. Etwa das Interesse an Kriegsschuldfragen etc. ist praktisch Null, all solches ist für das Gros der jungen Deutschen erledigt und „abgehakt".

Bei allen Lücken, die eine Untersuchung solcher Art selbstverständlich aufweisen muß, ist sie dennoch von Wert, besonders, wenn sie ergänzt durch andere Quellen gelesen wird.

 

       
               
               
     

       
               
               
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