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Einblick |
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Das Ende einer geheimnisvollen Forschungsstation |
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Das Ende einer geheimnisvollen Forschungsstation Das Forschungsprojekt HAARP in der Wildnis von Alaska, um das sich etliche Legenden ranken, soll beendet werden. Für Wissenschaftler ein Verbrechen, für Verschwörungstheoretiker höchste Zeit. Die Welt 18. Juni 2014, Von Michael Remke , New York
Offiziell ist HAARP eine Militärbasis in Alaska, die Abkürzung steht für High Frequency Active Auroral Research Program. Im Hintergrund ragt Mount Wrangell auf. Foto: arrl/U.S. Air Force Aus der Luft betrachtet sieht die Anlage gewaltig aus, und verdächtig. Mitten in der Wildnis von Alaska steht sie, am Fuße vom Mount Drum und umgeben von einem scheinbar undurchdringlichen Wald. Offiziell ist es eine Militärbasis, etwa 320 Kilometer nordöstlich von Anchorage, auf der insgesamt 360 Radiotransmitter, fünf Generatoren und 180 etwa 24 Meter hohe Antennen in den Himmel ragen. Betrieben wird die Anlage seit Jahrzehnten gemeinsam von der US Air Force, der Navy und von der Universität von Alaska. Sie dient als Forschungsprojekt und fungiert unter dem Namen HAARP. Die Abkürzung steht für High Frequency Active Auroal Research Program. Was genau dahintersteckt, darüber gibt es seit der Inbetriebnahme im Jahr 1990 viele Vermutungen und Gerüchte. Offiziell, so heißt es, sollen die militärischen und zivilen Wissenschaftler mithilfe von Radiowellen die obere Atmosphäre der Erde untersuchen. Diese sogenannte Ionosphäre liegt etwa 150 bis 300 Kilometer über dem Globus. Raketen außer Gefecht setzen Vor allem für das US-Militär ist dieser Bereich von besonderem Interesse. In Experimenten testete es über Jahre, ob man mithilfe von Radiostrahlen den Funkverkehr in der Ionosphäre lahmlegen könnte. Damit wollte das Militär in einem Kriegsfall nicht nur das feindlichen Radar, das GPS und anderes elektronisches Equipment stören oder gar lahmlegen. Gegnerische Raketen und Flugzeuge sollten sogar noch vor ihrem Einsatz außer Gefecht gesetzt werden. Für Kritiker war HAARP nichts anderes als eine Fortführung des umstrittenen und zurzeit auf Eis liegenden "Krieg der Sterne"-Projekts der US-Regierung. Sie waren von Anfang an gegen das angebliche Geheimprojekt in der Wildnis Alaskas und forderten seit Jahren die Schließung der Anlage. Knapp 25 Jahre später könnten sie jetzt ihr Ziel erreichen. Wie das Pentagon ankündigte, soll das Programm beendet werden. "HAARP hat seinen Zweck erfüllt", erklärte der wissenschaftliche Sprecher der Air Force, David Walker, im Mai bei einer Anhörung vor dem Senat in Washington. "Unerschöpfliches Potenzial" Wann die wuchtigen Stahlkonstruktionen abgerissen werden, steht dabei jedoch noch nicht fest. Der Plan, bereits im Juni damit zu beginnen, wurde jetzt überraschenderweise noch einmal um "mindestens zehn Monate" verschoben. Nicht das Militär scheint an einer Fortführung Interesse zu haben, sondern die Forschung. Wissenschaftler aus den USA, aber auch aus Kanada, Taiwan, Südkorea und Norwegen, wo es eine ähnliche Anlage geben soll, wollen das Projekt am Leben erhalten. Die Air Force erklärte sich mittlerweile bereit, die komplette 120.000 Quadratmeter große Anlage an eine Universität oder an einen Investor zu verkaufen. "Es wäre ein Verbrechen, wenn man HAARP einfach mit der Planierraupe niederreißen würde", schreibt der Physiker Dennis Papadopoulos in einem Kommentar in der Zeitung "Alaska Dispatch". "Das wäre so, als ob man die Alexandria-Bücherei in Ägypten verbrennen würde." HAARP hat nach Meinung des Physikers ein "unerschöpfliches Potenzial". "Wir könnten damit die Satellitenkommunikation und die Navigation erheblich verbessern", behauptet der Wissenschaftler. Papadopoulos gibt aber auch zu, dass es in den vergangenen Jahren "gelegentlich geheime militärische Experimente" gegeben habe. "Darüber hat das Pentagon nicht so oft gesprochen." Atmosphäre zum Kochen bringen Die Kritiker des fast 300 Millionen Dollar teuren Projekts hoffen auch wegen der Geheimniskrämerei des Militärs deshalb auf eine schnelle Schließung. "Wenn das Pentagon das sagt, werden sie es auch tun", sagt Nick Begich, Autor des Buches "Angels Don't Play This HAARP" (etwa: Auf dieser Harfe spielen keine Engel). Zusammen mit seiner Co-Autorin Jeane Manning war er einer der Ersten, die vor möglichen Gefahren von HAARP gewarnt hatten. Begich und Manning sprachen bereits 1996 davon, dass die Sendemasten zusammengeschaltet zu einer "superstarken Strahlenkanone" werden könnten, die die "obere Atmosphäre zum Kochen" bringen und "riesige Löcher in den Himmel" schmelzen könnte. Die Folge: "Weltraumstrahlung würde auf die Erde prasseln und das Erbgut von Menschen und Tieren schädigen. Millionen würden dadurch sterben." Ganz so schlimm ist es dann am Ende aber doch nicht gekommen. Anhänger von Verschwörungstheorien allerdings haben das angebliche "Geheimprojekt" HAARP über die Jahre immer wieder zum Auslöser für Wetter- und Naturkatastrophen erklärt. Auch den Klimawandel kreideten sie der Forschung in Alaska an. Dabei soll HAARP für die verheerenden Erdrutsche auf den Philippinen im Jahr 2006 genauso verantwortlich gewesen sein wie 2011 für das Erdbeben in Japan und den anschließenden Tsunami. Künstliche Polarlichter Auch die Häufigkeit von Tornados in Oklahoma im vergangenen Jahr soll angeblich auf das Konto von HAARP gehen. Der frühere Diktator von Venezuela, Hugo Chávez, machte das Projekt sogar öffentlich für das Erdbeben in Haiti im Jahre 2010 verantwortlich. Für keine dieser Katastrophen konnten Wissenschaftler Beweise einer Schuld oder Mitschuld von HAARP finden. Als die Wissenschaftler auf der Station in Alaska 2005 durch die Aussendung von Radiowellen künstliche Polarlichter erzeugen konnten, gaben sie ihren Kritikern Munition für neue Verschwörungstheorien. So kursieren im Internet auch Geschichten darüber, dass die ausgesendeten Funkstrahlen von HAARP nicht nur Polarlichter erzeugen, sondern auch das Gehirn und die Gedanken von Menschen beeinflussen könnten. Physiker Papadopoulos kann darüber nur lachen. "Wenn wir das schaffen könnten, würden wir HAARP an der Wall Street verkaufen und damit sehr reich werden." © Axel Springer SE 2014. Alle Rechte vorbehalten |
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