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"Welt" - Währungskonferenz
DIE WELT, 18. April 2013

Thilo Sarrazin plötzlich mitten im Euro-Mainstream

Der frühere Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin ist für seine Extrempositionen bekannt. Doch Euro-Kritik ist salonfähig geworden, wie ein Streitgespräch mit dem Wirtschaftsweisen Bofinger beweist.  Von Sebastian Jost

Schon bei der Vorstellung der Kombattanten muss Peter Bofinger widersprechen. Nein, sein Buch heiße gar nicht "Zurück zur D-Mark". Sondern: "Zurück zur D-Mark – Fragezeichen". Darauf komme es an, nicht dass noch der Eindruck entsteht, er sei womöglich einer Meinung mit dem Mann, der ihm gegenübersitzt: Thilo Sarrazin. Der hat auch ein Buch geschrieben, dessen Titel ohne Fragezeichen auskommt: "Europa braucht den Euro nicht."

Der frühere Berliner Finanzsenator hat sich in den vergangenen Jahren einen Ruf als passionierter Raufbold erworben. Den Vorstand der Bundesbank musste er verlassen, nachdem er mit höchst umstrittenen Thesen eine Debatte über Integration losgetreten hatte. Man kann ihm eine gewisse Lust daran unterstellen, gegen den Strom zu schwimmen. Doch in Sachen Euro scheint ihm das immer seltener zu gelingen.

Denn bei der dritten Währungskonferenz der "Welt" und der Stiftung Familienunternehmen im Berliner Verlagsgebäude des Medienkonzerns Axel Springer ("Bild", "Welt") musste sich nicht der Euro-Skeptiker Sarrazin für seine Thesen rechtfertigen – sondern vor allem der überzeugte Euro-Anhänger Bofinger.

Fundamentalkritik an der Gemeinschaftswährung, das machte das Streitgespräch der beiden Ökonomen deutlich, ist spätestens im dritten Krisenjahr salonfähig geworden.

Auch der deutsche Finanzminister profitiere, schließlich zahlt Deutschland derzeit historisch niedrige Zinsen für seine Staatsschulden.

Sarrazin hat ein paar Minuten mehr zum Nachdenken, kommt aber dennoch nicht auf Vorteile des Euro. "Dass ich kein Geld mehr wechseln muss, wenn ich ins Ausland fahre – sonst fällt mir beim besten Willen kein Nutzen ein", sagt er. Das Wechselkurs-Argument will er nicht gelten lassen, weil es andere Währungen gebe, gegenüber denen der Euro in den vergangenen Jahren an Wert zugelegt habe.

"Jede Bürgschaft führt zur Haftung"

"Ich sehe keinen messbaren Wachstumsvorteil für die deutsche Wirtschaft, das kann man aus keiner Statistik ablesen", sagt der 68-Jährige. Und für die derzeit niedrigen Zinsen werde Deutschland auf Dauer teuer bezahlen. Schließlich stünden dem "uneinbringliche Kredite" an die Krisenländer sowie Milliardenbürgschaften gegenüber. "Und ich kenne keine Bürgschaft, die nicht irgendwann zur Haftung führt, sonst wäre sie ja überflüssig."

Bofinger weicht der Kontroverse nicht aus, im Gegenteil. Wenn Sarrazin keinerlei Vorteile im Euro sehe, stichelt er, solle er es doch ganz deutlich sagen: "Wir sollten gleich morgen früh zur D-Mark zurückkehren." Das aber geht dem früheren SPD-Politiker dann doch zu weit. Man könne sich ja nicht einfach ins Jahr 1998 zurückwünschen und noch einmal neu entscheiden, ob man der Währungsunion beitritt.

Zurück zum Ausgangspunkt sei nicht die richtige Lösung. Wohl aber eine Rückkehr zum Wortlaut des Vertrags von Maastricht, der eine Rettung von angeschlagenen Euro-Staaten durch die Partner gerade nicht vorsieht. "Dann gäbe es keine Nachtsitzungen mehr und endlich eine Kanzlerin ohne Ringe unter den Augen." Und die anderen Länder, so Sarrazins Vorstellung, könnten dann ja entscheiden, ob sie beim Euro weiter mitmachen wollten.

Bofinger fordert europäischen Haushaltsminister

Das Publikum applaudiert anerkennend, nur Bofinger schüttelt heftig den Kopf. "Sie fordern, die Herz-Lungen-Maschine abzuschalten und zu sagen, die Oma möge allein weiteratmen", sagt er. Das werde die Währungsunion aber nicht überstehen, weshalb dieser Weg eben doch zurück zur D-Mark führe.

"Ich halte es aber für höchst riskant", argumentiert der Ökonom weiter, "die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft allein den Wechselkursen zu überlassen – bei all den schlechten Erfahrungen, die wir mit Finanzmärkten gemacht haben." Zumindest die Finanzminister hätten doch die Wahl, kontert Sarrazin, einfach keine neue Schulden zu machen – dann seien sie auch nicht mehr von den Finanzmärkten abhängig.

Nun aber ist Bofinger in Schwung gekommen. Zurück zum Vertrag von Maastricht, das sei keine gute Idee, schließlich habe der Stabilitäts- und Wachstumspakt schon einmal nicht funktioniert. Stattdessen fordert er einen europäischen Finanzminister, der die Mitgliedsstaaten zur Haushaltsdisziplin erziehen werde.

Kontroverse um den Euro geht weiter

"Wir sind mitten in einem Tunnel", sagt Bofinger. "Am Eingang standen nationale Währungen und eine nationale Fiskalpolitik, am Ende stehen eine Währungsunion und eine integrierte Fiskalpolitik. Jetzt sind wir dazwischen und jammern, dass es im Tunnel so dunkel ist."

Doch das Licht am Ende dieses Tunnels wollen die Wirtschaftsvertreter im Publikum erst recht nicht zu Gesicht bekommen. Als der Moderator in den Saal fragt, wer an eine integrierte Fiskalpolitik glaube, meldet sich – niemand.

Irgendwann gehen nicht die Streitpunkte aus, sondern die Zeit. Die Kontroverse um den Euro wird weitergehen. Sarrazin zumindest verrät: Den Autorenvertrag für sein nächstes Buch hat er bereits in der Tasche.

Anmerkung CN: Thilo Sarrazin hat mit seinem Buch über die Gefahren eines drohenden Suizids der Deutschen – und im Grunde aller Europäer – ein ebenso heikles wie wichtiges Thema angefaßt. Mit seinem Buch gegen den Euro dagegen hat er Europa keinen Dienst erwiesen – weil eben das Materielle nicht immer das Wichtigste ist.

       
               
               
     

       
               
               
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