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Henry Kissinger: 
Die Scharia macht Demokratie fast unmöglich

       
     
       
     

Henry Kissinger:  Die Scharia macht Demokratie fast unmöglich

       
     
       
     

Henry Kissinger: "Die Scharia macht Demokratie fast unmöglich"

DIE WELT, 17. Sept. 2012

"Die Unruhen machen deutlich, wie langsam in jenen Ländern die Entwicklung zur Demokratie verläuft": Ex-US-Außenminister Kissinger über die Situation in der islamischen Welt und das Schloss in Berlin. 
Von Rainer Haubrich

Zu einem Sieg seiner geliebten SpVgg Fürth gegen Schalke 04 hat es am Samstag nicht gereicht – obwohl Henry Kissinger im Stadion saß und am Tag zuvor noch ein Fünkchen Hoffnung hatte: "Vielleicht kann das Fürther Publikum die Schalker Spieler einschüchtern." Die Ergebnisse des Fußballklubs seiner Heimatstadt verfolgt der 89-jährige ehemalige US-Außenminister seit Jahrzehnten aus der Ferne. Jetzt spielen die Fürther erstmals in der ersten Bundesliga, und für diesen Fall hatte Kissinger angekündigt, er werde in den "Ronhof" kommen, wie deren Stadion heißt. Der zweite Grund für seinen Kurzbesuch in Deutschland ist sein Engagement für den Wiederaufbau des Berliner Schlosses als Humboldt-Forum. Am vergangenen Freitag trat Kissinger dafür als Ehrengast einer Benefiz-Veranstaltung des Berliner Bauunternehmers Jürgen Leibfried auf. Davor hatte Kissinger Angela Merkel für ein einstündiges Gespräch im Kanzleramt besucht ("eine langjährige Freundin, ich bewundere sie"). Obwohl er gut Deutsch spricht, möchte Kissinger das Interview lieber auf Englisch führen: "Mein Deutsch kommt immer erst ein paar Tage nach mir an", sagt er, "außerdem wird der fränkische Akzent in Berlin ja nicht gepflegt".

 

Die Welt: Sie waren als junger amerikanischer Soldat 1945 bis 1947 in Deutschland. Haben Sie die Ruine des Berliner Schlosses noch gesehen?

Henry Kissinger: Ja, ich sah sie Anfang 1946. Ich kränke meine preußischen Freunde immer, wenn ich ihnen erzähle, dass Berlin für mich als Jugendlichen in Fürth nicht das Zentrum des politischen Lebens war. Deshalb habe ich aus jener Zeit keine Beziehung zu dem Bauwerk. Nach dem Abriss der Ruine 1950 war ich oft in Berlin und habe die Museen besucht. Und da sah ich auf Gemälden zum ersten Mal, wie das Zentrum Berlins mit dem Schloss im 19. Jahrhundert aussah.

Die Welt: Wann begannen Sie, sich für den Wiederaufbau einzusetzen?

Kissinger: Das war 1993 während der Installation der Schloss-Attrappe. Sie hat mich beeindruckt, genauso wie das außergewöhnliche Engagement Wilhelm von Boddiens und seines Schlossvereins.

Die Welt: Was sehen Sie im Berliner Schloss?

Kissinger: Zuerst natürlich ein Symbol des preußischen Staates, der für eine bestimmte Art von Patriotismus, Hingabe und Dienstauffassung stand. Das Schloss steht zugleich für Kontinuität, weil es viele Epochen durchlebt hat. Als Humboldt-Forum wird es künftig anders genutzt werden. Im Inneren erhält es als Museum der Weltkulturen eine universale Ausrichtung, äußerlich wird es ein Symbol der Kontinuität deutscher und westlicher Geschichte. Ich bin sicher, dass das Projekt ein großer Erfolg wird. Für mich ist es ein Anreiz, noch bis 2018 zu leben.

Die Welt: Wie erleben Sie das neue Berlin?

Kissinger: Ich komme zwei bis drei Mal im Jahr hierher, ich sehe Berlin als europäische Hauptstadt des 21. Jahrhunderts. Einer meiner Lieblingsorte ist das Neue Museum auf der Museumsinsel, schon während der Bauarbeiten habe ich es besucht. Ich habe mehr Zeit in Berliner Museen verbracht als in New Yorker Museen.

Die Welt: Wie bewerten Sie die aktuellen Unruhen in vielen arabischen Ländern?

Kissinger: Es ist doch eine absurde Situation: Auslöser ist ein kleines Video, das keiner kennt, von dem die US-Regierung nichts wusste und auf das sie keinen Einfluss hatte, und das sie jetzt zensieren soll, obwohl das gar nicht in ihrer Macht steht. Die Unruhen machen deutlich, wie langsam in jenen Ländern die Entwicklung zur Demokratie verläuft – sofern sie überhaupt stattfindet. Wenn eine politische Partei das Recht der Scharia über alles stellt und dies für die alleinige Wahrheit hält, dann ist Demokratie fast unmöglich – da sollten wir uns nichts vormachen.

Die Welt: Barack Obama hatte der arabischen Welt die Hand ausgestreckt. Ist seine Strategie gescheitert?

Kissinger: Schon George W. Bush war – anders, als das oft dargestellt wird – sehr offen für gute Beziehungen zu den arabischen Ländern, er hat sie nicht als eine feindliche Welt behandelt. Ich denke, es war angemessen von Obama, seine Vorschläge zu machen und zu zeigen, dass die USA bereit sind, noch ein Stück weiter zu gehen. Aber im Moment fehlt es an Gegenseitigkeit bei den Muslimen. Wir dürfen nicht vergessen: Niemand in der westlichen Welt macht einen Aufstand gegen Muslime, wir sagen nicht, dass der Islam ausgegrenzt werden muss.

Die Welt: Ist der arabische Frühling endgültig zuende?

Kissinger: Ich habe im so genannten "arabischen Frühling" nie das gesehen, was die meisten westlichen Medien darin gesehen haben. Die Geschichte von Revolutionen zeigt, dass die neuen Herrscher in den seltensten Fällen die gleichen sind, die sie begonnen haben. Bei den Wahlen in Ägypten haben 75 Prozent für die Muslimbrüder oder radikale Islamisten gestimmt. Ich sage nicht, dass wir mit Ägypten keine guten Beziehungen haben können. Es ist im Interesse beider Länder, gute Beziehungen zu pflegen. Als US-Außenminister hatte ich ein exzellentes Verhältnis zu Sadat, aber es bleibt etwas anderes, als wenn man sich in der gleichen philosophischen Gemeinschaft befindet.

Die Welt: Egal, was die USA tun: Es scheint ihr Schicksal zu sein, immer gehasst zu werden.

Kissinger: Wir sind eine Metapher für den Westen. Aber es wurden ja auch schon dänische Botschaften angegriffen oder deutsche. Meiner Meinung nach kann es nicht das Ziel von Außenpolitik sein, geliebt werden zu wollen, sondern eine Basis zu finden für gemeinsames Handeln – wo immer es möglich ist und wo gemeinsame Interessen bestehen. Wichtig ist, dass das auf Gegenseitigkeit beruht. Wo es diese Gegenseitigkeit nicht gibt, muss man sehen, wie man seine Interessen verteidigt.

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