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AZP: 

 Der Bericht der Friseuse
       
     
       
     

Der Bericht der Friseuse  (AZP)

       
     
       
      Der Tag, an dem Vera sich ein anderes Aussehen gab  (AZP)

Als Vera verschwand und die fälschliche Behauptung ausgestreut wurde, namentlich durch ihren älteren Bruder, sie habe sich das Leben genommen, ist sie in Wirklichkeit untergetaucht. Das war im Oktober 1972. Dieser Verdacht ist einigen frühzeitig gekommen. Aber erst später, nach Erscheinen des Buchs „Z-Plan", wurde diesen Dingen genauer nachgegangen. Darüber sind die meisten, die sich für diesen Themenkreis interessieren, durch verschiedene AZP-Veröffentlichungen orientiert. Eine der ersten Aktionen auf der Suche nach Veras Spur war, sämtliche Friseurläden in Düsseldorf und Umgebung anzuklappern, erst telefonisch, dann teilweise, wo es sich lohnen konnte, auch persönlich. Denn wenn Vera untergetaucht war, dürfte sie vorher ihr auffälliges Äußeres geändert haben. Ihre massiven langen Haare konnte sie weder haltbar hochstecken noch unter einer Perücke verstecken. Wenn sie sich tarnen wollte, mußten sie daher ab. In dieser Sache wurde man dann ja auch fündig, namentlich durch eine bestimmte Friseuse.

Nach verschiedenen Irrungen und Wirrungen, die bezüglich der variierenden und, wie mittlerweile klar ist, zwischenzeitlich bewußt ungenau gehaltenen Aussagen der Friseuse aus Hilden, von welcher Vera sich im Oktober 1972 eine kurze Frisur machen ließ, erscheint es nun doch angebracht, für die an dem Thema Z-Plan nebst Hintergründen und Umfeld Interessierten den ersten, richtigen Bericht der Friseuse vollständig wiederzugeben. Bis auf geringfügige Änderungen, die vorgenommen wurden, wo Wiederholungen ganz aus der handwerklichen Sicht der Friseuse vorkamen, sowie bei Kleinigkeiten, die zur Lesefreundlichkeit beitragen, handelt es sich nachstehend um den ganzen Originaltext. Dieser ist bisher noch nirgends veröffentlicht worden, weil das meiste in dem vollständigen Wortlaut für die Hintergründe nicht wichtig zu sein schien. Da die Friseuse aber viele Kleinigkeiten erwähnt, aus welchen sich bei genauer Beachtung womöglich doch in weiterführender Hinsicht Schlüsse ziehen lassen, wird dieser Text also nun in Gänze veröffentlicht.

Friseusebericht - Abb1

Der vollständige Bericht der Friseure aus Hilden.

An die bewußte Kundin kann ich mich sehr gut erinnern, denn so etwas ist mir in meinem ganzen Berufsleben nur einmal passiert. Das könnte ich gar nicht vergessen. Ich habe auch nie mehr so lange und dichte Haare gesehen. Diese abzuschneiden war wirklich schade, auch wenn sie fast zu dick waren, also eher grob. Aber sie hatten trotzdem einen schönen Glanz. Trotzdem, ich konnte verstehen, daß die Kundin sie abschneiden wollte, denn sie waren auch unglaublich schwer. Diese Frau muß sich damit schrecklich geplagt haben. Sie kamen ja dann auch herunter, und ich glaube schon, das war wirklich gut. Eigentlich konnte man vielleicht sogar sagen, daß es nötig war. Ich wollte es am liebsten gar nicht tun, anfangs. Irgendwie fühlte ich mich komisch dabei, weil es ja so was wie eine Rarität war, könnte man sagen. Das ist aber leicht gesagt, wenn man selber die Last damit nicht hat! Darum habe ich auch verstanden, daß sie es jetzt mal richtig kurz haben wollte. So ganz kurz wollte ich ihr zwar anfangs ausreden, ich riet ihr zu schulterlang. Das mochte sie nicht, sie wollte überhaupt nicht darüber zu reden, sich das Ganze vielleicht erst noch mal durch den kopf gehen zu lassen. Die Kundin hat aber darauf bestanden, und auch, es sollte ganz kurz werden. Sie hat sogar gesagt, alles was über zehn Zentimeter ist, soll herunter. Sie wollte eben jetzt einen kurzen Stufenschnitt, und hat dann auch ganz genau gewußt wie es werden sollte. Das hat mich sehr erstaunt, daß sie eine so genaue Vorstellung hatte. Ich glaube sicher, sie muß sich vorher mit jemandem besprochen haben deswegen. Sie war wirklich sehr fest entschlossen, und nachher hat sie es auch bestimmt nicht bereut, sondern sie war richtig froh. Die Veränderung ist auch wirklich sehr vorteilhaft für sie. Sie hat bestimmt nichts verloren, sondern war noch attraktiver. Erst da merkte man, daß vorher etwas gestört hat. Es war wirklich eine gute Entscheidung, das muß man ihr lassen. Sie sah sehr gut aus. Mit der neuen Frisur ganz besonders, aber auch schon vorher, wie sie kam.

Ich habe noch öfter daran gedacht. Es war ja auch merkwürdig, daß mehrere Leute sich nach ihr erkundigt haben, nachher. Also ich glaube bestimmt, daß die alle sie gemeint haben, weil sie ja sehr typisch war, mit den ganz langen Haaren, so lange sie die noch hatte. Da hat man sie eigentlich nicht verwechseln können, das war schon einzigartig in der Weise. Darum ist es ihr ja bestimmt auch gegangen, daß sie anders aussah, und das wußten eben verschiedene Leute, die etwas von ihr wollten, denke ich. Es ist wirklich sehr merkwürdig gewesen, so gesehen.

Sie hatte Glück als sie kam. Ich bin allein im Geschäft gewesen, weil die Chefin Urlaub machte, und meine Kollegin J. war auf einem kleinen Besuch bei ihren Eltern an dem Tag, es war ein Mittwoch, glaube ich ziemlich sicher. Wir waren ein kleiner Betrieb, nur Damen. Da hatten wir einen guten Ruf und waren ein bißchen ein Geheimtip. Das ist ja jetzt schon lange her. Laufkundschaft hatten wir eigentlich nie, damals schon. Es kamen gutsituierte Kundinnen zu uns, und wir waren auch gut ausgestattet, ich meine, auch vom Ambiente her. Bei uns hat nichts klinisch gewirkt, wenn Sie wissen, was ich meine.

Die Kundin ( Amk.:Vera) kam so um halb zwei und fragte, ob sie schnell drankommen könnte. Dabei machte sie aber keinen besonders eiligen Eindruck, sie war nicht hektisch, will ich damit sagen. Sie war eine große und wirklich besonders attraktive Frau von vielleicht Mitte 20, mit einer sehr guten Figur. Sie war auch sehr elegant gekleidet. Sie trug ein schwarzes Jackenkleid mit weißem Besatz. Schlicht aber wirklich elegant. Sie trug auch guten Schmuck, nur Weißgold mit Brillanten. Sie benahm sich so wie eine Dame, die Geld hat und einfach sagt, was sie will. Aber dabei nicht unfreundlich. Sie hatte dunkles Haar, hinten zusammen. Wie lang es war, konnte ich von vorne nicht sehen. Ich sah nur, daß sie keine bestimmte Frisur hatte, nur einen Scheitel und eben hinten zusammengebunden. Es hat ein bißchen streng gewirkt. Ich sagte, normalerweise machen wir nichts ohne Voranmeldung, aber in einer halben Stunde könnte sie kommen. Es hatte wirklich erst vorhin eine Kundin ihren Termin auf 17 Uhr verschoben, so daß es gut paßte. Gut, sagte sie nur. Ich dachte auch, sie kommt nicht wieder.

Aber um zwei kam sie dann. Sie hielt mit ihrem hellen Wagen direkt vor dem Geschäft. Das konnte ich durch das Schaufenster sehen. Große Partplatznot hatten wir zu der Zeit ja noch nicht. Sie kam herein und machte noch im Gehen ihren Pferdeschwanz auf. Das ging aber nicht im Moment. Sie hatte so Gummibänder benutzt, die man einhaken kann, und davon mehrere gleichzeitig, denn die hatte sie dann in den Händen. Sie hatte damit noch zu tun, wie sie schon drin war und Guten Tag sagte. Ich dachte noch, da muß sie ja doppelt und dreifach ihren Pferdeschwanz zusammengebunden haben! Aber dann ist mir klar geworden, daß es bei ihr anders gar nicht gehalten hätte. Solche Haare hatte ich noch nie gesehen! Sie gingen bis zu den Hüftgelenken und waren unglaublich voll und gepflegt. Also wirklich sehr schön, wenn auch eher dick als seidig. Aber eigentlich perfekt, sogar die Spitzen sauber gerade geschnitten, ich bin sicher, erst neulich, und wie das aussah, muß es davor sogar noch ein ganzes Stück länger gewesen sein. Also wirklich Super-Haare, garantiert über einen Meter. Die Kundin sagte, ich soll sie ihr abschneiden, und sie will es ganz kurz. Ich glaube, in dem Moment habe ich nur gestaunt. Ich habe es einfach nicht glauben können, bei solchen Haaren, und fragte sie, ob sie sich das nicht lieber noch mal überlegen will. Abgeschnitten wären sie ja schnell, aber bis sie wieder so lang nachwachsen, da vergehen vielleicht zehn Jahre. Sie sagte aber, sie hätte es sich schon vor einem Jahr überlegt. Eigentlich dächte sie sogar schon viel länger daran, und außerdem meine sie, kurz würde sogar viel besser aussehen. Also es war zu merken, sie wollte ihre langen Haare nicht mehr. Aber wer kann schon wissen, ob es ihr nachher nicht doch leid tut. So leicht ist das ja nicht. Ich habe schon mal einer Sechzehnjährigen ungefähr so lange Haare abgeschnitten, weil sie ganz versessen darauf war, und nachher gab es Ärger mit ihren Eltern. Seit dem bin ich mit so was besonders vorsichtig. Das war aber natürlich etwas anderes. Trotzdem fühlte ich mich erst mal nicht richtig wohl.

Ich war in dem Moment richtig froh, daß die Dame auf die Uhr guckte und fragte, ob sie mal telefonieren darf. Es wäre ein Ferngespräch, das würde sie aber bezahlen. Ihre Armbanduhr war auch sehr hübsch, ziemlich klein und oval, aus Weißgold an drei dünnen Lederbändern. Ich sagte, sie könnte das Telefon nehmen. Es stand auf dem Tresen, in der Nähe vom Eingang, sie hatte es natürlich schon gesehen. Ich dachte, vielleicht bespricht sie sich noch mit wem und überlegt es sich doch noch, es war wirklich schade, ihre Haare abzuschneiden, auch wenn man es verstehen konnte, weil die Arbeit damit sicher sehr mühevoll war, sie zu pflegen, das mußte wirklich schlimm sein. Aber nur ein tüchtiges Stück weniger hätte ja vielleicht auch gereicht. Das war es aber nicht. Das merkte ich schon daran, mit was für ärgerlichen Bewegungen sie ihre Haare hin und her warf, denn sie waren jetzt ja offen und hingen wirklich überall um sie herum. Sie kramte in ihrer Handtasche und holte einen zusammengefalteten Zettel hervor. Da standen wohl mehrere Telefonnummern drauf, denn sie guckte erst mal, welche sie anrufen mußte. Dann telefonierte sie. Ich wollte nicht lauschen, denn man sagt ja: Der Horcher an der Wand, hört seine eigne Schand. Aber unser Geschäft war ja klein. Die Dame telefonierte und sagte, sie täte sich um ungefähr eine Stunde verspäten. Ja, sagte sie dann noch, die Haare kämen vorher herunter, ganz sicher und auch gründlich. Ich dachte: da ist jemand, der nicht glaubt, daß sie es wirklich tut. Dabei grapschte sie mit der anderen Hand in ihre Haare, wie wenn sie etwas zeigen wollte. Als sie fertig war mit telefonieren, lächelte sich mich richtig an und fragte, ob meine Schere auch gut geschliffen wäre, denn die kriegte jetzt ja eine Menge zu tun. Ich sagte ihr, sie könnte sich auf meine Schere verlassen. Und darauf sagte sie, daß sie das hofft, denn sie hätte gerade mit jemandem zu tun, bei dem man nicht so genau weiß, ob man sich auf alles verlassen kann, was geredet wird. Einen Moment kam es mir fast so vor, als ob sie doch ein bißchen unsicher wird. Das wäre ja auch ganz natürlich. Da habe ich noch mal gefragt. Und sie sagte, sie hatte eben an etwas ganz anderes gedacht, jetzt wollte sie aber erst mal die lange Mähne loswerden. Sie langte nur noch den Notizzettel vom Tresen, den steckte sie wieder ein.

Dann war es aber so weit. Sie nahm Platz und sagte: Also herunter mit dem Salat!, und sie tat ihre Haare hinter die Lehne. Das war fast komisch, denn sie hatte sich auf ihre Haare gesetzt und zog jetzt erst mal. Sie sagte dann auch, es wäre das erste mal in ihrem ganzen Leben, daß sie in einem Friseursalon auf dem Stuhl sitzt. Und sie schmiß ihre langen Haare beinahe nach hinten und sagte noch mal, ich soll sie ihr endlich abschneiden, weil, sie könnte sie nicht mehr ertragen. Das war ihr ernst in dem Moment, ganz bestimmt, das konnte man richtig merken. Ich habe sie ihr dann wieder zusammengebunden, zu einem Pferdeschwanz, und dann einen Zopf gemacht. Dabei habe ich noch mal gefragt, ob ihr Mann oder Freund davon weiß, daß er nicht nachher böse ist. Denn so was kommt ja auch vor. Sie hat gesagt, darauf könnte sie keine Rücksicht nehmen, und ich soll jetzt tun was sie will, das wäre ja mein Beruf. Sie war da jetzt schon fast unfreundlich, sagte aber dann wieder netter, die meisten ihrer Freunde fänden sowieso, das wäre schon längst fällig, und wenn es einem nicht gefallen täte, könnte sie das eben auch nicht ändern, und es wäre auch nicht mehr wichtig. Das hat irgendwie merkwürdig geklungen, wenn ich jetzt daran denke. Ich habe ihr dann also einen Zopf geflochten weil ich mir dachte, den kann sie am besten als Andenken aufheben, und das sagte sie dann auch. Es war ihr anzumerken, daß sie ungeduldig war. Aber ich glaube, nicht nervös, nur ungeduldig. Da sie ja auf alle Fälle eine kurze Frisur wollte, habe ich dann weit oben angesetzt. Ich sagte ihr, daß es jetzt ernst wird, und sie hat gesagt: Gut. Vielleicht ist ihr in dem Moment doch ein bißchen mulmig gewesen, könnte ich mir denken. Aber angemerkt hat man ihr nichts, obwohl, man merkt es ja und hört auch das Schneiden. Ich habe nach ihrem Gesicht im Spiegel gesehen, denn das tue ich immer, und sie hat sogar ein bißchen gelächelt. Sie war sicher froh, überhaupt nicht aufgeregt. Der Zopf war so dick, daß es wirklich Schwerarbeit war, ihn abzuschneiden. Mir taten nachher die Finger weh, aber er war ab! Gerne habe ich es wirklich nicht getan, aber wie ich den Zopf dann so in der Hand hatte, wurde mir klar, was für ein Gewicht die arme Frau da mit sich herumgetragen hatte. Das muß wirklich eine Qual gewesen sein. Und da fand ich es dann doch gut, und ich konnte auch ihren Wunsch nach kurz noch besser verstehen. Wegen des Zopfes sagte ich der Kundin noch, daraus könnte sie sich gleich drei verschiedene Perücken machen lassen, wenn sie wollte. Und da hat sie gelacht. Sie ist sicherlich froh gewesen, daß sie die langen Haare los war, aber ob es nur das allein war, weiß ich nicht. Eher glaube ich, es ging ihr darum ihr Äußeres zu verändern. Und nichts verändert eine Frau ja so sehr wie eine neue Frisur, das weiß man ja. Besonders wenn eine Frau ihr Haar so lange so lang trägt, rechnet man nicht damit, daß es plötzlich kurz ist. Und darauf hat sie ja mit Nachdruck bestanden. Sie wußte auch ganz genau, wie sie es wollte. Darüber habe ich mich noch besonders gewundert. Sie muß sich vorher genau unterrichtet haben, vielleicht von einer Freundin. Auf alle Fälle hatte sie ganz genaue Vorstellungen. Sie wollte den Scheitel behalten, auf der rechten Seite. Sonst aber alles anders, eben richtig kurz. Ihr starkes Haar mußte ich ganz durchstufen damit es so wurde wie sie wollte. Denn zuerst hatte ich es nicht so ganz kurz gemacht, aber sie wollte eben ganz kurz. Sie wollte sich den Kopf freimachen, sagte sie fast zweideutig, das Massige sollte verschwinden, ich sollte richtig schön kurz schneiden. Sie wollte das so. Ich habe dann trocken noch die Feinheiten gemacht, und sie sagte: da noch ein bißchen und da noch ein bißchen, bis ihr alles gefiel. Es war dann auch wirklich schon sehr kurz. Noch nicht gerade extrem, aber sehr kurz. Aber, das muß ich jetzt auch sagen, es stand ihr sehr gut und war wirklich chic, also das stimmt! Es steht ja nicht jeder Frau das selbe, aber dieser Dame stand der kurze Schnitt ideal. Sie sah damit noch viel attraktiver aus. Es ist in Wahrheit gar nicht schade gewesen, im Gegenteil, es war richtig gut. Ich war dann fast schon stolz, so gut sah die Kundin jetzt aus! Und ich hatte mir ja auch viel Mühe gegeben. Es hat der Kundin auch sehr gut gefallen, sie war sehr, sehr zufrieden und richtig freundlich. Sie hat sich immer wieder im Spiegel angesehen, und sie konnte gar nicht genug davon kriegen, mit den Fingern in ihre kurzen Haare zu fahren. Und sie sagte, das wäre ein ganz wunderbares Gefühl. Sie wüßte auch jetzt erst, daß sie viel besser aussehen kann als vorher mit den langen Haaren. Das hätte sie zwar schon immer geglaubt, besonders, seit sie es bei einer Freundin so gesehen hätte, aber jetzt wüßte sie es genau. Sie war wirklich sehr gut gelaunt! Bereut hat sie es bestimmt nicht, glaube ich, da würde ich sogar wetten.

Sie hat dann noch selber ausprobiert, wenn sie es in die Stirn kämmt, und wieder gesagt, es wäre ein ganz merkwürdiges Gefühl, so kurze Haare zu haben, aber sehr angenehm, und viel schöner als lang. Sie hat auch wirklich einfach sehr gut damit ausgesehen. Sie hatte ein eher schmales Gesicht, und da paßt kurz meist besonders gut, ihr auf alle Fälle. Und ich glaube, so hätte ihr eigener Mann sie nicht wiedererkannt. Sie hat es dann wieder zurückgekämmt, und das steht ihr auch am besten. Sie hat ja ein sehr hübsches Gesicht, das bei der kurzen Frisur so richtig zum Ausdruck kommt. Dann hat sie gefragt, ob sie noch mal telefonieren könnte. Sie wirkte jetzt viel weniger streng, es war alles in allem ein voller Erfolg. Auch beim Telefonieren machte sie auf mich einen gelösten Eindruck, wenn ich so sagen soll. Sie sagte (Amk: telefonierend), in einer Stunde wäre sie da und hätte dann nur eine halbe Stunde Zeit. Und dann sagte sie noch: Ja, die Haare wären ab, sie hätte sie jetzt kurz, und das sähe viel besser aus. Sie fühlte sich prima. Ich habe sie dann gefragt, ob sie es vielleicht jemandem versprochen hätte, sich ihre Haare abschneiden zu lassen. Ja, sagte sie, das könnte man so sehen. Und noch: man könnte eben nur einem das Wort halten. Das habe ich nicht ganz verstanden, aber es ging mich ja auch nichts an. Ich hatte aber nicht den Eindruck, daß sie mit einem Geliebten oder so telefoniert hat, denn das merkt man. Es hatte eher etwas Geschäftiges, so vom Tonfall her. Es ist aber auch nur ein Gefühl. Den Zopf hat sie sich mitgeben lassen. Ich habe ihn gut eingepackt. Und wie ich wieder das Gewicht hob dachte ich, es war wirklich doppelt gut, daß wir das gemacht haben. Es hat der Dame ganz bestimmt gut getan. Dann bat sie mich, gleich alles wegzukehren was da noch auf dem Boden lag, das war ja ziemlich viel. Das hätte ich sowieso gemacht. Es war ihr aber wichtig. Vielleicht hat sie wirklich befürchtet, daß jemand sie sucht und die Spur entdeckt. Sie hat sich ja sonst ganz normal benommen, besonders nachher, aber manchmal war es doch komisch, was sie tat, jetzt nachträglich gesehen. Aber ich fand sie wirklich nett, und daß der Haarschnitt ihr gut getan hat, da bin ich mir ganz und gar sicher. Man konnte ihr richtig anmerken, wie erleichtert sie war und wie gut sie sich fühlte. Sie hat sich auch sehr nett verabschiedet und noch mal gesagt, sie wäre wirklich sehr zufrieden, und daß sie sich wie ein neuer Mensch vorkommt, der ein neues Leben vor sich hat. Und sie würde mich nicht vergessen, weil ich sie mit Schere und Kamm von so viel Last befreit hätte. Sie hatte eine feine Art zu reden, das kann ich nicht genauso hier schreiben. Wenn sie hier in der Gegend wohnen würde, sagte sie noch, käme sie immer wieder zu mir. Ich bedankte mich und meinte, da sie ja ganz genau weiß, wie sie es haben will, wird es auch anderswo gut werden. Dann habe ich noch gesagt, daß ich hoffe, ihr Freund findet es auch schön, denn es sieht ja wirklich schön aus, sehr schön sogar. Und sie hat gesagt, dem hätte sie nicht vorher sagen dürfen was sie vorhat, aber wenn er es jetzt sehen könnte, fände er es sicher auch schön.

Zuletzt wären wir fast noch ins Plaudern gekommen, aber dann sah sie auf die Uhr und beeilte sich. Sie ist dann in ihrem Wagen weggefahren und hat mir sogar noch zugewinkt. Ich habe da noch gedacht, daß das sowieso nicht ihr Freund gewesen sein kann, mit dem sie telefoniert hat, denn der wußte ja noch nichts davon. Es war schon sehr komisch. Ich hatte den Eindruck ja aber gleich gehabt, daß sie nicht mit ihrem Freund telefoniert hat. Vielleicht hatte sie zu der Zeit ja auch keinen festen Freund, denn sonst hätte sie den ja vielleicht doch vorher eingeweiht. Es war also schon dies und das ein bißchen merkwürdig, besonders, wenn ich jetzt so überlege. Beim bezahlen ist sie so großzügig gewesen, daß es mir beinahe peinlich war.

Das war an einem Mittwoch. Ich glaube am 25. Oktober (Amk: 1972). Beschwören könnte ich es nicht, aber ich glaube, es war dieser Tag. Eine Woche später haben dann Leute angerufen und gefragt, ob eine Kundin hier gewesen wäre, die sich so lange dunkle Haare abschneiden hat lassen. Dem ersten, der anrief, sagte ich, ja, weil ich nicht überlegt habe. Ich besserte das aber aus, denn ich sagte, diese Kundin hätte schwarze Haare gehabt und wäre nur so 1,60 gewesen und an die 40, und sagte, die Kundin hätte gefunden, sie wäre zu alt für lange Haare. Da konnte man nicht mehr meine Kundin erkennen in dieser Beschreibung, hoffte ich. Wie in der übernächsten Woche noch mal ein anderer Mann anrief und auch nach solch einer Kundin fragte, er sagte, wegen einer Marktforschung, habe ich gleich nein gesagt. Es gab dann sogar noch zwei merkwürdige Anrufe, die hat aber meine Chefin entgegengenommen und mir dann nur erzählt, was das für komische Anrufe gewesen wären. Ihr hatte ich von der speziellen Kundin nicht das Genaue erzählt, daran dachte ich dann schon. Dann aber erst mal nicht mehr, bis Sie sich erkundigt haben. Und mehr kann ich jetzt nicht mehr dazu sagen. Ich wünsche Ihnen alles Gute und hoffe besonders, daß es meiner netten Kundin von damals gut geht. Ich glaube aber auch, einfach aus dem Gefühl, daß sie keine Probleme hat, sondern ein angenehmes Leben führt. Manchmal habe ich mich zwischendurch gefragt, ob sie wohl bei der kurzen Frisur geblieben ist, die ihr so gut steht, oder ob sie bald doch lieber wieder so lange Haare wollte, wie sie es viele Jahre gewöhnt war. Ich weiß nicht, es kann so oder auch so sein. Wenn ihre Haare wieder lang sind, werden sie aber garantiert auch mal wieder kurz. Ich glaube, das ist so bei ihr. Es muß wohl doch ein paar Besonderheiten geben bei dieser Dame und in ihrem Leben. Auf alle Fälle wünsche ich ihr herzlich alles Gute.

Friseusebericht "neue Vera"

Dies ist der erste und ausführlichste Bericht der Friseuse. Wie so oft, ist das, was man zuerst auf den Tisch kriegte, auch das der Sache entsprechend beste. Vieles in den vorstehenden Ausführungen ist für die weiterführende AZP-Forschung kaum interessant. Doch allein schon die von Vera geführten Telefongespräche, von welchen die Friseuse zu berichten weiß, sind die Mühe dieser Aktion wert gewesen.

       
               
               
     

       
               
               
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