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Einblick |
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Zwischen diskret und geheim Das Geheimnisvolle reizt seit eh und je die Phantasie des Menschen, und der Wunsch, in Geheimnisse einzudringen, verschlossene Pforten zu öffnen, ist so alt wie die Worte „geheim“ oder „secretum“. Doch die Stufen der Treppen an die Pforten zum Unbekannten waren zu allen Zeiten vielfach gewunden und ineinander verschlungen, oft unentwirrbar für jeden Außenstehenden. In vergangenen Epochen haben sich geheime Vereinigungen tatsächlich recht gut behaupten können. Die Kommunikationsmechanismen waren noch an das Persönliche gebunden, Technik spielte diesbezüglich kaum eine Rolle. Es gab weder Telefon noch E-Mail-Korrespondenz, und der Postverkehr war nicht derart strukturiert, dass eine systematische Überwachung möglich gewesen wäre. Die alten Geheimbünde konnten praktisch bloß durch Infiltration oder geschickte Bespitzelung ausgespäht werden. Da die Placierung von V-Männern zumeist schwierig war, setzten die Kontroll- und Verfolgungsstellen bei den Domestiken der unter Geheimbündeleiverdacht stehenden Personen an. So auch im Kreise von Adam Weishaupt, um ein bekanntes Beispiel zu nennen. Heutzutage sind Geheimbünde im klassischen Sinne nicht mehr möglich. Das reale Leben ist ja kein James-Bond-Film, in dem Dr. No oder eine adäquate Figur über lange Zeit unbemerkt eine mächtige Organisation aufbauen könnte. Nein, dergleichen funktioniert nicht, nicht einmal gutausgestattete Dienste wie der BND oder die CIA würden so etwas ins Werk setzen können. Die modernen Kommunikationsmittel, die zu verwenden heutzutage niemand umgehen kann, haben die Geheimhaltungsmechanismen vergangener Epochen wertlos gemacht. De facto kann sich niemand mehr verstecken, weder als Einzelperson noch als Vereinigung, und je straffer organisiert eine solche wäre, umso schneller würde sie enttarnt werden. Das liegt zum Einen an der Wechselwirkung, wo beide Seiten notgedrungen dieselben Kommunikationsmittel benutzen, und zum Anderen daran, dass ein einziges kleines Leck gleich das ganze Schiff zum Sinken bringen würde. Daraus resultiert, dass eine wie auch immer geartete geheime Vereinigung klassischer Form heutzutage nicht existenzfähig wäre. Ähnlich gilt es für die Arbeit der Geheimdienste, die sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert hat. Sie müssen auch noch mit Sensationsjournalismus rechnen, der nur ans Geld denkt und auf nationale Interessen keine Rücksicht nimmt (siehe jüngst „BND-Affäre“). Einfach gesagt: „geheim“ funktioniert nicht mehr – nicht im Hinblick auf Organisationen, die wichtig genug sein könnten, um von anderen Organisationen für ausspähenswürdig gehalten zu werden; denn das würde mit Sicherheit sehr bald gelingen (die Mafia ist keine Geheimorganisation in solchem Sinne, denn Geheimbund heißt ja, kein Außenstehender weiß, dass es ihn gibt, oder er hält das, was er sieht, für etwas anderes als es in Wirklichkeit ist). Doch wo immer Menschen etwas ersinnen und anwenden, ersinnen andere ein Gegenmittel. Das ist eine zuverlässige Regel, sie gilt immer, so weit es sich um Menschenwerk handelt. Keine neue Waffe, gegen die es nicht bald eine Abwehr gäbe – usw. Allein höhere Gewalten, Naturkräfte etc. sind stärker als der Mensch. Die klassischen Prinzipien organisierter Geheimstrukturen hatten sich durch Jahrtausende bewährt, von den magischen Geheimvereinigungen im alten Ägypten über die gnostischen Geheimbünde bis zu Organisationen wie „Rote Kapelle“, „Odessa“ oder „Sechmet“ Mitte des 20. Jahrhunderts; und weil es so war, kann man solchen Gruppierungen bis auf den heutigen Tag nicht auf den Grund sehen. Das hat aber eben damit zu tun, dass diese Organisationen vor der massiven Durchdringung der Welt mit elektronischen Kommunikationsmitteln (auch Satellitenkommunikation) geschaffen wurden. „Geheim“ im traditionelle Verständnis gibt es nicht mehr. Statt „geheim“ hat das Wort „diskret“ eine neue, zusätzliche Bedeutung erlangt. Diskrete, nach Möglichkeit nicht straff organisierte Gemeinschaften sind die Reaktion auf die neuen Gegebenheiten. Außerdem: Wo sich nichts mehr verstecken kann, muss etwas Irritierendes vorgezeigt werden, das quasi als Schirm vor dem tatsächlich Wichtigen steht. Im geistlichen Bereich haben es Opus Dei und Opus Angelorum so gemacht, wobei das Opus Dei die nötigen Weichen zu spät stellte. Freimaurerlogen präsentieren sich besonders in den Vereinigten Staaten als karitative Vereinigungen, die auch sichtbare karitative Leistungen an den Tag legen. Geheimnisvolle Hintergrundmächte, von denen in jüngerer Zeit „Verschwörungstheoretiker“ genannte Buchautoren und Filmregisseure gern sprechen, gibt es demzufolge nicht. Es gibt sie anscheinend definitiv nicht, denn was sich öffentlich trifft, Räumlichkeiten mit Türschild daran hat etc., kann schwerlich als geheim bezeichnet werden - es sei denn, es geschähe hinter den Türen etwas anderes als der äußere Anschein vermuten lässt. Geheim, im ursprünglichen Sinne, sind all solche Organisationen jedenfalls nicht, höchstens ließe sich sagen: sie verhalten sich diskret, und daran ist ja nichts Verwerfliches, das trifft auch auf so manchen privaten Klub oder Freundeskreis zu. Wer im Diskreten bleiben will, muss also vor allem für zwei Dinge sorgen: Erstens dafür, dass etwas Unverfängliches allgemein sichtbar ist, und zweitens für Abschirmung des inneren Kreises gegen unerwünschte Blicke von außen. Neugierigen, die oft durchaus zu den Intelligenten zählen, wird etwas angeboten, dessen Spuren beim Versuch des Weiterverfolgens in Sackgassen enden. Namen sind Annagramme, Bilder oft Platzhalter, ohne deshalb einen grundsätzlich falschen Eindruck zu bieten. In einem Gleichnis ausgedrückt etwa so, als gehe es um ein Waldstück in Frankreich, 500 Hektar groß, quadratisch, durch welches von Ost nach West ein Bach fließt. Nach außen gegeben wird die Schilderung eines Waldstücks in Bayern: 400 Hektar, kreisrund, mit einem von Nord nach Süd fließenden Bach. Die Impression ist in beiden Fällen die gleiche, die vermittelte Vorstellung ist also zutreffend. Bloß die Details, durch welche das Waltstück auffindbar würde, wurden verändert. Erkennbare Personen gibt es auf zwei Ebenen, ggf. speziell dafür aufgebaut und lanciert. Auf alle Fälle aber sind offenkundige Faktoren von untergeordneter Bedeutung. Alles eventuelle Herumwühlen - z.B. im Internet - führt zu keinem Resultat, so dass der Recherchierende schließlich das glaubt was er glauben soll, nämlich das da gar nicht viel sei. Auf diesen Effekt ist die Strukturierung des Ganzen ausgelegt. Es liegt in der Natur des Menschen, sich über einen Erfolg seiner Intelligenz zu freuen und diese Freude nicht durch Zweifel trüben zu wollen. Das Wissen um solche Arbeitsweisen der menschlichen Psyche gehört zu den Instrumenten des „Prinzips diskret“. Weitsichtige Betrachter verstehen das. Schriftlich Witze zu erzählen ist keine dankbare Aufgabe, doch an dieser Stelle lohnt sich der Versuch, um eines Sinnbildes willen: Der Diktator eines Zwergstaats befiehlt seinem Polizeiminister: „Wir brauchen noch eine neue Uniform: Gelbe Hose mit grünen Streifen, rote Jacke mit blauen Streifen, roter Helm mit gelben Federn. Das ist für unsere Geheimpolizei!“ So ungefähr wäre es, würde ein Freundeskreis mit diskreten Intentionen, eine Loge oder auch der zielgerichtete Ableger eines staatlichen Geheimdiensts sich im Internet oder in anderen Publikationen dergestalt darstellen, dass etwaige Neugierige bis auf den Grund der Sache vordringen könnten, wenn sie nur einige Mühe ins Nachforschen steckten. Doch so leicht ist es nicht, und allein deshalb können sich auch in unserer Zeit mehr oder weniger lose Vereinigungen mit diesen oder jenen idealistischen oder auch ökonomischen Zielen einigermaßen gut behaupten. Selbstverständlich reden wir dabei nicht etwa vom CN-Kreis; dieser ist so arglos und unbedeutend wie ein kleines weißes Wölkchen am Himmel. Und sollte aus diesem Wölkchen einmal eine kleine Möwe herausfliegen und Etwas fallen lassen, was einer unangenehmen Person auf die Nase fällt, so wäre dies nichts Anderes als ein unbeabsichtigter natürlicher Vorgang. Pardon - so ist das Leben. |
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