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Einblick |
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Die Templer |
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Die Templer, 4. Teil
Die Templer und der Gral Der Gral, das ist eine der geheimnisvollen Geschichten, die immer wieder mit dem Templerorden in Verbindung gebracht wird. In der Tat gibt es dazu manches in Zusammenhang mit den Templern, was durchaus ernstgenommen zu werden verdient. Werfen wir jedoch zunächst einen Blick auf allgemeine Überlieferungen und Sagen zu diesem Motiv. Eine der verbreiteten Mythen um den Heiligen Gral ist bekanntlich die, dabei handle es sich um ein Gefäß, in welchem einiges vom Blut Christi ausgefangen worden sei, als der Legionär Longinus mit seiner Lanze den Gnadenstoß versetzte. Gral und Heilige Lanze werden daher oft in eine Verbindung miteinander gebracht (siehe dazu u.a. unsere Artikel von Juli 2009 und August 2009). Die Geschichte vom „Heiligen Gral" ist besonders durch gänzlich unhistorische Verquickungen mit der Artus-Sage sowie weiteren Legenden, von denen viele erst im 19. Jahrhundert entstanden sind umrankt, sodaß der wahre Kern darunter kaum noch sichtbar ist. Und doch gibt es diesen wahren Kern. Die bekannteste Legende aus älterer Zeit besagt, beim Gral handle es sich um den Kelch, mit welchem Jesus Christus das letzte Abendmahl beging. Historisch ist Jesus Christus zwar nicht nachweisbar, doch spricht vieles dafür, daß es ihn auch als geschichtliche Person gab. Durch eine bloß erfundene Figur hätte sich auch schwerlich eine so weitwirkende Bewegung entwickeln können, wie es geschah. Dafür spricht die Logik. Aus Nichts entsteht nichts. Und es gibt ja auch durchaus Hinweise, direkte wie indirekte, auf eine Person, welche der historische Jesus von Nazaret gewesen sein kann. Somit ist auch das letzte Abendmahl möglicherweise ein geschichtliches Ereignis gewesen; und war es das, so gab es auch einen dabei verwendeten Kelch. Da wir hier mit den Augen der Templer sehen wollen, muß dies einmal als zweifelsfrei angenommen werden. Das Trinkgefäß also, mit welchem das letzte Abendmahl mutmaßlicher Weise stattfand, spielt eine Schlüsselrolle in der Geschichte vom Gral – es war der Gral. Woher kam dieses Gefäß und wo verblieb es? Woher es kam, schildert ein Templertext selbst, und ebenso, daß es in den Besitz des Ordens gelangte. Über den Weg allerdings berichtet der Text nichts. Allein die Bezeichnung Gral (Graal) gibt Hinweise darauf. Die Templer dürften ihn nach dem Fall der Katharerfestung Montségur von überlebenden Katharern erhalten haben. Dies geheimzuhalten, war angesichts der Inquisition eine Notwendigkeit. Logisch also, wenn es nirgends ausdrücklich erwähnt steht. Der Weg des Kelchs vom Orient nach Europa indes liegt gänzlich im Dämmerschein von Legenden. Die bekannteste von diesen erzählt, Joseph von Arimathia, eine historisch nicht faßbare Person, habe bei der Kreuzigung einiges vom Blut des Heilands in dem bewußten Gefäß aufgefangen – was nach Templerauffassung aber keineswegs der Fall gewesen sein kann. Auf der Flucht vor glaubenseifernden Juden, hätten Anhänger Christi sich und den Kelch über das Mittelmeer nach Südfrankreich in Sicherheit gebracht. Im Gebiet der Rhonemündung, so heißt es, ließ die kleine Gruppe sich nieder. Dort habe sich daraufhin eine urchristliche Gemeinde gebildet, deren Angehörige sich als Reine Christen bezeichneten (entsprechend dem „veri christiani" der späteren Katharer). Der Gral sei die heiligste Reliquie dieser Gemeinschaft gewesen, und diese Gruppierung sei als die Keimzelle der späteren Katharer anzusehen. Die Katharer als solche traten allerdings erst viel später in Erscheinung. Von Verbindungen zu Flüchtlingen aus Palästina in früher Zeit ist in den erhaltenen Quellen der Templer nichts zu entdecken. Das schließt zwar nichts aus, doch ist ebenso denkbar, daß der Gral von Kreuzrittern mit nach Europa gebracht wurde. Möglicherweise sogar durch Templer oder Assozianten des Ordens? Das klingt keineswegs unmöglich, auch wenn dann völlig ungeklärt bliebe, wie sie im Orient in seinen Besitz gelangt sein sollten. Doch dann hätten wenigstens einzelne Templer sogar schon früh mit Katharern in Verbindung gestanden, und Hugo von der Champagne erlangte die ersten Katharer-Schriften nicht von ungefähr. Dies ist zwar nur eine Annahme, aber eine, die des Überdenkens wert sein dürfte. Die historisch erfaßbaren Katharer waren aller Wahrscheinlichkeit nach nicht durch Quellen aus Palästina inspiriert, sondern vor allem durch Überlieferungen der Marcioniter sowie der christlichen Gnosis. Dennoch ist auch nicht gänzlich auszuschließen, daß es im I. Jahrhundert Flüchtlinge aus Palästina in Südfrankreich gab, die Spuren hinterlassen haben. So etwa die Gral genannte Reliquie. Möglich, daß die Katharer-Bewegung sich um diesen gegenständlich faßbaren Mittelpunkt entwickelte, durch wen immer sie in ihren Besitz gelangten. Die letzten Katharer verschanzten sich bekanntermaßen in der Festung Montségur („Berg des Heils"), welche auf einem schroffen Fels am Rande der Pyrenäen erbaut stand. Zehn Monate lang verteidigten sie sich die Katharer auf ihrer Burg Montségur. Doch am 16. März 1244, nachdem alle Vorräte aufgebraucht waren, kam es zur Übergabe. In der Nacht zuvor hatte sich der Katharer-Führer Amiel Aicard mit einigen Gefährten von den steilen Bergwänden abgeseilt. Ihm und seinen Getreuen gelang die Flucht durch die feindlichen Linien. Der Schatz der Katharer konnte in Sicherheit gebracht werden – möglicherweise, ja, wahrscheinlich, zu befreundeten Templern. Die letzten Verteidiger von Montségur, noch etwa 200 Mann, ergaben sich. Sie wurden auf Scheiterhaufen verbrannt. Der Schatz der Katharer aber ist seither verschollen. So auch dessen wohl wichtigster Bestandteil: der Gral. Daß es diesen als realen Gegenstand gab – vielleicht noch gibt – steht durchaus im Bereich des Möglichen. Zwischen 1180 und 1220 entstanden in Frankreich mehrere
verschiedene Dichtungen zum Thema Gral (wir haben dazu bereits
verschiedene Artikel gebracht). Die älteste stammt von Chretièn de
Troyes. Sein Roman in Versten trägt den Titel „Le Conte des Graal
". Er erzählt von dem Helden Parcival of Wales, welcher von seiner
Mutter an den Hof von König Artus geschickt worden sei, um Ritter zu
werden. Als Parcival nach Vollendung seiner Ausbildung nach Hause
zurückkehrt, begegnet er zwei Fischern, die ihn zu einer geheimnisvollen
Burg führen. Dort erblickt er den Gral, der von der Ritterschar als ihr
höchstes Heiligtum behandelt wird. Bemerkenswerter Weise tritt auf der
Gralsburg auch ein weibliches Wesen in Erscheinung. In der Dichtung wird
nicht restlos klar ist, ob es sich um eine irdische Frau oder ein
überirdisches Wesen handeln soll. Es heißt lediglich: „Es kam eine
Dame und sie hielt in ihren Händen den Gral. Sie war wunderschön,
anmutig und herrlich geschmückt. Und als sie mit dem Gral in den Händen
eintrat, erstrahlte ein so helles Licht, daß alle Kerzen ihre Leuchtkraft
verloren". Der Gral, so schreibt Chretièn weiter, sei aus purem Gold
gefertigt gewesen und mit vielen kostbaren Steinen besetzt - die
schönsten und kostbarsten, welche in der Erde oder im Meer vorkommen. Der
kranke Herr der Burg, König Amfortas, entnimmt dem Gral geweihte Hostien
- seine einzige Nahrung. Das Erscheinen der Dame muß als besonders
bemerkenswert gelten. Bei Richard Wagner, der seine Libretti ja selber schrieb, ist der Gral wohl als ein Symbolismus zu sehen, welcher im Mittelpunkt des Kampfs zwischen Licht und Finsternis steht – Parsifal kontra Klingsor. Es ist die Umsetzung einer im Grunde gnostischen dualistischen Auffassung, wie sie jener der Templer durchaus nahesteht. Richard Wagner hatte für sein Bühnenweihfestspiel „Parsifal" ursprünglich noch einen weiteren Aufzug geplant gehabt, welcher Parsifals Weg in den Kreuzzügen behandeln sollte. Da die Länge der Oper dann aber jedes Maß gesprengt haben würde, verzichtete Wagner auf den zusätzlichen Akt. Er läßt Parsifal aber mit jenem Speer zurückkehren, welcher die Wunde des kranken Königs zu schließen vermag („Den heil’gen Speer – ich bring ihn euch zurück…"), und erst dann kann der Gral wieder leuchten und Kraft geben. Schon vor der N.S.-Zeit ist dies auch dahingehend ausgelegt worden, daß allein reines Blut (sinnbildlich) zu strahlen vermöge. Auf alle Fälle dürfte Wagner im „Gral" ein Symbol für die ewige Suche des durchgeistigten Menschen nach der höheren Strahlkraft des Geistes gesehen haben. Vielleicht ist auch C. G. Jungs Idee der von Wagner nicht fern. Für Jung ist die Suche nach dem Gral die innere Reise zum Mittelpunkt des Seins, der Weg der Individuation. Im Persönlichkeitskern kann jedem eine göttliche Gegenwart begegnen. Der Gral ist demnach ein archetypisches Motiv. Die Suche nach ihm ist nach C.G. Jung immer lebendig, ob es diesen Gegenstand nun in der Realität gibt oder nicht. Solche Überlegungen aber sind dem Geist des Templertums doch schon fern. Neuzeitliche Gralsdeutungen sind meist eine Flucht aus dem Unfaßbaren ins vermeintlich Greifbare. Was aus unmittelbaren Spuren der Templer über das Grals-Motiv zu finden ist, erzählt nichts über den Weg dieser rätselhaften Reliquie. Dafür wird in einer erhaltenen italienischen Fassung des „Kleinen Buchs" jedoch von ihrem Ursprung gesprochen, und das in den zwei Komponenten: Gefäß und Edelstein. Beides wird dort mit in Verbindung der Magna Figura Baphomet genannt. So steht im „Kleinen Buch" zu lesen: „… Von diesen beiden besonderen heiligen Steinen (welche zur Belebung der Magna Figura erforderlich sind) ist der Garil jener, welcher die Lichtkraft des Männlichen in sich einschließt: „Er stammet aus der Schatztruhe des Großkönigs Nebukadnezar von Babylon, auf welchen er einst gekommen ist aus dem Unbekannten als ein Geschenk vom Himmel, gereicht von einem Engel hoch oben auf der Spitze des gewaltigen babylonischen Turms. Dieser Stein ist anzuschauen wie aus klarem, geschliffenem Eis. Und er wird auch noch geheißen, der Gral, was aber daher kommt, daß die einzige Überlieferung dazu in der Sprache und Schrift der Araber niedergeschrieben ist, welche nicht alle Buchstaben benutzen, und daher heißt es bei ihnen nur: grl, und danach ist es möglich, den Namen verschieden auszusprechen. Es heißt aber richtig: Garil. Dieser, nachdem er gefunden wurde, wird seitdem in einem kostbaren Kelch aufbewahrt, dessen Wert für sich schon der allerhöchste ist: Denn mit diesem Kelch unternahm einst unser Herr und Gott Jesus Christus das letzte, gleichsam das Heilige Abendmahl. Und dieser Kelch hat die folgende besondere Geschichte: Einst während der Erdentage unseres Herrn Jesus Christus, hörte ein König von Edessa - dessen Name war: Ulkama Abga - von den großen Wundertaten Des Herrn; und da der König sehr krank war, schrieb er einen Brief, Den Herren um Hilfe zu bitten. Dieser schickte daraufhin Seinen Jünger Thomas zum König von Edessa, und siehe, dieser wurde gleich von seinem Gebrechen geheilt. Zum Dank dafür gab er den kostbaren Becher dem Jünger Thomas mit auf den Rückweg, als Geschenk für Den Herrn Christus. Und wir, in unserer heiligen Gemeinschaft, nennen den Kelch nun: Gral, aber den Stein, der darin aufbewahrt ist: Garil. So hat ein jedes seinen eigenen Namen". Anzumerken wäre hier, daß einige Details dieser Geschichte aus später gefundenen Quellen ergänzt worden sein dürften, was am großen Bogen jedoch nichts ändern kann. Wenn der Kelch tatsächlich ein Geschenk des reichen Königs von Edessa als Dank für Errettung von schwerer Krankheit war, so sind die Schilderungen als ein äußerst kostbares Gefäß durchaus glaubhaft. Der Gral wäre demnach auch ein Gegenstand von hohem materiellem Wert. Den Kelch, so heißt es wie schon gesagt, habe König Ulkama Abga von Edessa (damals griechisch, heute durch Eroberung unter dem Namen Şanlıurfa türkisch) als Geschenk an Jesus Christus gesandt. Das letzte Abendmahl sei mit diesem Kelch abgehalten worden. Er erhielt später den Namen „Gral". Dazu gab es einen magischen Stein, der durch einen Handel mit den Assasinen erworben wurde und deren Aussage zufolge aus dem ehemaligen Besitz des babylonischen Königs Nebukadnezars II. stammte. Dieser Edelstein wurde „Garil" genannt. Die Bezeichnung gab es nur in arabischer Schrift, welcher sich auch die Perser bedienten: grl – also unterschiedlich sprechbar, sowohl Gral wie auch Garil. Den Edelstein nannten die Templer Garil, und bewahrten ihn in dem Gral genannten Kelch auf, welchen sie wahrscheinlich von den Katharern erhielten. Aus dem arabisch geschriebenen g’r’l ließ sich gleich mehreres herauslesen und in eine Sinnverbindung zu anderem bringen. Im Okzitanischen, einer Sprache, die dem Katalonischen nahesteht, heißt grazal Gefäß, und im Altfranzösischen graal, etymologisch wahrscheinlich mit dem Griechischen κρατήρ (Krater) in Beziehung stehend, was soviel wie Becher heißt, und mit dem lateinischen cratalis, resp. gradalis verwandt ist. Im Altspanischen heißt Mörser grial, und im Altportugiesischen gral. In der Bezeichnung Gral kann also gleichsam ein Hinweis auf das Sternbild Crater gegeben sein, das für die Templer von hoher Bedeutung war. Das Wort Garil dagegen könnte ins Arkadische passen, die Sprache der Babylonier. Da die Originalschreibweise in der silbastisch aufgebauten Keilschrift nicht erhalten ist, bleibt dies aber Spekulation. Doch unter Einbeziehen der Arbeiten des bekannten deutschen Linguisten Arnold Wadler („Germanische Urzeit", 1935; „Der Turm von Babylon", 1938) kann eine direkte Verbindung zu den europäischen Sprachen angenommen werden. Für die Templer waren solche Details sicher unerheblich. Sie maßen den beiden Gegenständen - Gral und Garil - wundertätige Kräfte bei. Manche Kenner der Templergeschichte halten es durchaus für möglich, das beides noch in einem unaufgefundenen Versteck verwahrt liegt. Die Wahrscheinlichkeit, daß das Gefäß Gral durch die Katharer zu den Templern gelangte, ist also groß. Entgegen aller oft wirren Legenden, durch welche der klare Blick auf die Sache verstellt wird, scheint die Grals-Geschichte auf realem Boden zu stehen, was gleichsam heißt: dieser Gegenstand kann noch existieren. Konkrete Spuren von ihm gibt es jedoch bislang nicht. Fest steht dazu lediglich, daß um das Jahr 1230 in Wien erwähnt steht, sowohl das Gefäß „Gral" wie auch der Edelstein „Garil" seien vorhanden, das Gefäß in Frankreich, der Stein in Deutschland (bzw. heute Österreich). Letzterer steht auch in einem Zusammenhang zum Projekt der Magna Figura, zu welcher das Gefäß keine Rolle zu spielen scheint. Der Kelch Gral und der Edelstein Garil sind also offenkundig als jeweils eigenständig wirkende Heiligtümer gewertet worden. |
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